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12. 4. 1880
lf. Nr.
Aussteller
Mathilde Kisfaludy
Empfänger
Johanna A.
Meine liebe Johanna!
Gestern den 11. habe ich das Packet samt Inhalt, nämlich 4 Stück á 100 fl Obligation, 6 Stück Handtücher, 6 Stück Sacktücher, 6 Paar Strümpfe und ein Kleid erhalten. Wir danken Dir recht herzlich für Alles, denn es ist uns eine große Wohlthat damit erwiesen. Du kannst Dir denken, meine liebe Johanna, daß wir zu unserer neuen Wirtschaft Alles gut brauchen können.
Arme Tante, mußte so viel leiden. Das glaube ich, daß es für die Umgebung ein trauriges Anschauen war. Jeder Mensch weiß, daß er sterben muß, und doch ist der letzte Augenblick ein schrecklicher. Du, meine liebe Johanna, wirst wohl erschöpft sein, denn Kranke zu pflegen ist eine schwere Aufgabe. Recht gut wird es sein, wenn Du, meine liebe Johann, und Sofie nach Dorf auf einige Wochen gehen werdet. Die gute Luft wird Euch beiden gut thun und der gute Onkel Eduard, den wir so sehr gerne haben, wird sich recht freuen, Euch in Dorff zu haben, bis Ihr in ein Bad geht. Die herzige Sofie soll jetzt nur ihren Fuß schonen und wenig herumgehen. Wie geht es Marie und Louise, ist Marie immer noch bei Louise?
An die engelsgute Tante Louise werde ich auch schreiben, so auch Onkel Karl. Ich hätte es schon längst gethan, wenn ich Iónkel trösten könnte und nicht mit ihm mitjammern, aber leider haben wir selbst so viel Trauriges mitgemacht, daß mein Herz noch voll Bitterkeit ist und ich selbst noch oft Trost brauche…
Wilma grüßt Euch herzlich, sie fühlt sich jetzt so zimlich wohl. Ich habe noch immer mit meiner Lunge zu thun, die sich nach der großen Krankheit noch immer nicht erholt das. Im May werde ich Waßer trinken, vielleicht wird die Lunge sich wieder erhollen im Sommer. Wenn nicht, so wird sie auch nie mehr gut.
Lebe wohl, meine liebe Johanna, es küßt Dich und die Sofie recht herzlich Deine aufrichtige Cousine
Mathilde
Recht freuen wird es mich, wenn Sofie mir schreiben wird.