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8. 10. 1870
lf. Nr.
Aussteller
Carl A.
Empfänger
Marie A.
8. 10. 70
Liebe Schwester!
Wie ich Dir in meinem letzten Brief sagte, so hattest Du bei mir erliegen ….. zusammen 1451 fl 67 xr. Davon habe ich, wie Du aus dem Conto ersehen wirst, einen Interimsschein auf 5 Actien der Franco Austria Bank gekauft, dann 2 Prioritäten der Rudolf Bahn, 2 Loose vom Jahr 1860, u. für den Rest 300 fl Papier Conto, was zusammen kostet: 1450 fl 35 xr….. Spesen hatte ich keine zu entrichten, außer einem Diener der Sparkasse, der mir die Sachen besorgte, weil ich sonst so schnell nicht fertig geworden wäre, mit 1 fl. Damit erhältst Du noch 32 xr.
Die ersten dieser Papiere „Franco Austria“ sind gutes Papier, da im vorigen Jahr über 10 % trug. Die Interessen sind fällig am 1. Jänner u. 1. August. Die Ziffer wird immer durch eine Generalversammlung bestimmt. Dann 2 Rudolfbahn Prioritäten a 300 fl, sie tragen 5 % in Silber. Ich hätte sie nicht gekauft, aber Du wolltest Prioritäten. Es ist übrigens ein gutes Papier. Ferner 2 Loose von 860 fl, die mit einer Lotterie verbunden sind, und um den Rest 3 Papier Conten. Wenn die Francs nur halbwegs so gut stehen, wie sie im vorigen Jahr gestanden, so machen diese Papiere zusammen ein Einkommen von jährlich 100 – 110 fl an Interessen. Diese Papiere folgen mit, samt 32 xr.
Vom Notar Seefeldner erhielt ich einen Brief, wo er mir wirklich folgendes schreibt: „Wenn das fragl. Sparkassenbüchl mit 1129 fl 79 xr als Eigenthum der Fr. Schwester angenommen werden soll, so bitte ich, mir in Betreff der angeblichen Schenkung die betreffende urkundlcihe oder briefliche Bestätigung des Hn. Erblassers zu übermitteln, weil man das Büchl sonst dem Nachlaß einbeziehen müßte, weil bei Sparkassebücheln im Allgemeinen der Besitz entscheidet.“
Nun, das ist leichter gesagt wie gethan, zumahl ich die beiden Büchln schon verkauft habe. Hast Du also einen Brief des Ignatz, in dem er Dir mit Bestimmheit erklärt, daß das in Rede stehende Büchl Dein gehört, so schicke ihn mir umgehend. Wo nicht, so werde ich dem Seefeldner schreiben, daß er dieses Büchl, d. h. daß es Separateigenhtum von Dir ist, gar nicht erwähnen, sondern es als unser beiderseitiges, theilbares Eigenhtum in der Verlassenschaftsabhandlung behandeln soll. Ich theile es dieserwegen noch nicht, sondern schicke Dir – wie figura zeigt – den ganzen Betrag, und werde auch nie einene Anspruch auf jene 1129 fl 79 xr machen, weil mir der Wille des Verstorbenen heilig ist u. ich nie davon abweichen werde.
So wrids, glaube ich, das Beste u. Einfachste sein, u. somit glaube ich, daß wir bis zum Empfang der gerichtl. Abhandlung durch Seefeldner vorläufig fertig wären.
Lebe wohl u. bestättige mir umgehend den richtigen Empfang.
Dein alter Bruder Carl.