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3. 1. 1861

lf. Nr.

Aussteller

Grossmutter Anna v. Schidenhofen

Empfänger

Enkelinnen Louise und Johanna A.

[besonders ‚schönes‘ Briefpapier mit Farbdruck]
Meine lieben Enkelinnen Louise und Johanna!
Eure lieben Briefe mit den schönen Ansichten von Gratz und der schönen Rose haben uns recht erfreut, und danken Euch sehr dafür. Ich kann Eure gutten Jahreswünsche nur von ganzen Herzen erwidern. Möge das Jahr 1861 Euch nur Gutes und Freudiges bringen, Euch recht gesund erhalten und Euren Fleiß segnen, den ihr gewiß nach Kräften anwenden werdet, um Euren gutten Eltern Freude zu machen und die Opfer, die sie Euch bringen, zu lohnen. Daß ihr Euch in Gratz schon ganz heimlich fühlt und es Euch dort recht gut gefällt, freut mich zu hören. Wie ich aus Euren Schreiben entnehme, könnt ihr in diesem Institute recht viel erlernen.
Für dich, liebe Louise, ist es gewiß sehr vorhteilhaft, dich in deinen Kentnissen zu be….. Das Sprichwort sagt, durch Lernen lernt man ja, und was du werden willst, werde es ganz(?), nur was man ganz erfaßt hat, bringt Glück und Freude, und die Schmerzen, die nicht fehlen, trägt man auf.
Daß dir, liebe Johanna, die vielen Gegenstände zu lernen etwas schwer fiel, glaube ich dir gerne, du bist diese Zeit über nicht mehr darin geübt worden, doch das gibt sich schon. Sey nur recht fleißig, auch in Erlernen der Arbeiten, wo du außer Nähen noch sehr zurück bist, und man fordert jetzt nur zu viel von einem Mädchen. Halte nur auch Deine Sachen alle in der größten Ordnung, was du so genau oft nicht nehmst und deßwegen du dir oft eine Rüge von mir zuzogst. Denke dir nur, es geschah alles nur zu deinem Nutzen, wie lich dich gern als ein fleißiges ordnungsliebendes Mädchen sehen möchte. Werest du mir weniger lieb, so wäre ich auch gleichgültiger gewesen. Weil ich Euch aber, meine lieben Enkelinnen, so sehr liebe und an allen Euch Betreffenden den innigsten Antheil nehme, so möchte ich Euch auch einst glücklich und zufrieden wissen.
Frau v. Chebert schrieb mir aus Ried, daß ihre Enkelin Marie Chebert auch in diesem Institut lernt, so sey recht freundlich mit ihr und sage ihr, daß du ihre Großmutter Frau v. Chebert gut kennst.
Daß die Familie Rathausky in Gratz Euch so freundlich zugethan sind und ihr öfters dahin kommt, ist recht gut für Euch; entrichtet ihnen von uns viele Empfehlungen , so wie bey Frau v. Schwavy(?), die uns gut kennt.
Großpapa und ich senden Euch ein kleines Neujahrsgeschenk. Erstern hat Johanna[s] französischer Brief, der auch recht schön geschrieben war, recht gefreut. Großpapa wie alle Onkeln, Tante Grimburg, Mathilde grüssen Euch beyde recht herzlich. Solltest du, liebe Johanna, wieder einmahl eine freye Zeit haben, so schreibe mir wieder, was mich gewiß immer freuen würde. An die erwehnten Frauleins v. Ölwein entrichte unsere freundlichen Empfehlungen. Lebt wohl, meine lieben Kinder, im Schutz des Herrn empfohlen,
von Eurer Euch liebenden Großmutter Anna v. Schidenhofen
Herzliche Grüße an Johann u. Kristin(?)
Wenn ihr wieder einmahl Euren Eltern schreibt, so erwähnt darin, ob ihr den Brief samt Inhalt erhalten habt.

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