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31. 1. 1858

lf. Nr.

Aussteller

Carl A.

Empfänger

Marie A.

31. 1. 58
Liebe Mimi!
Ich hab Deinen Brief erhalten und ersehe, daß es Euch allen leidentlich geht. Das ist bei so alten Häusern wie wir sind schon viel. Mich hatte eine Grippe am Zwifakel, als die Trauerfeierlichkeit für Marschall Radecki stattfand. Bei so etwas darf man als alter Haudegen nicht fehlen, und so bin ich trotz dieser zudringlichen Madame ausgerückt und habe mich derart verkühlt, daß sich noch ein recht anständiges Reuvma [?] in meinem alten Schädel dazugesellte, mit dem ich mich nun seit 14 Tagen herumbalge. Indeß wird ja auch das vergehen, so wie alles vergeht und alles kommt.
So ist auch endlich meine Avencement zum General gekommen. Ich habe vor einer Stunde ein Telegramm von S. kais. Hohert dem Erzherzog Wilhelm, Armeeoberkmdt, erhalten, worin er mir zum Avencement gratuliert. Wohin es mich treffen wird in meiner neuen Anstellung, davon habe ich noch keine Spur. Es ist eine Brigade in Prag, eine in Pesth und eine in Mailand vacant, also wahrscheinlich eine von diesen dreien.
Grüße mir vielmahl Ignatz und Johann mit all seinen Kindern, und Louise u. auch unsere alte Schwägerin Theresia, die sich durch alle Christabend-Kletzenbrote und Leberwürste glücklich durchgebissen hat. Verkünde ihnen auch meine Beförderung mit entsprechender Würde. Ich ernenne Dich hiemit zu meinem Herold.
Eigentlich ist der Umstand, daß diesemeine Beförderung so lange nicht kam, Ursache, daß ich so lange nichts hören ließ, dann ich wußte, daß sie kommen wird, und die Sachen standen so, daß sie recht bequem schon vor 3 Monathen hätte kommen können, und – überzeugt, daß Ihr alle Antheil nehmt an meinem Geschick – wollte ich warten, bis ich im Stande bin, Etwas Freudiges zu berichten.
Hier ist ein Regimentsarzt, der Dich und auch Rad…ka recht gut kennt. Es ist der Dr. Schmidt, der früher Regimentsarzt bei Haugwitz war und der es jetzt bitter bereut, nicht dort geblieben zu sein.
Das alte Jahr hat für mich schlecht geendet, ich habe zwei sehr gute Pferde verlohren, deren eines ich erschießen laßen mußte, weil es den sogenannten Wurm bekam. Ein sehr empfindlicher Verlust. Es sind gerade vierthalb Jahre, daß mir dasselbe arivirte.
Meine liebe Marie, lebe mir recht wohl. Wenn ich erst weiß, was mit mir geschieht, d. h. wohin ich komme, dann erhälltst Du wieder Nachricht von Deinem alten treuen Bruder Carl.

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