46
24. 6. 1857
lf. Nr.
Aussteller
Carl A.
Empfänger
Marie A.
Hermannstadt 24. 6. 57
Liebe Mimi!
Dein letzter Brief hat mich recht schmerzlich berührt, Du schreibst ihn düsterer Stimmung. Es ist wohl wahr, daß es trübselig ist, wenn man sich am Ende seiner Tage allein u. verlaßen sieht, aber es hat auch seine gute Seite. Man kann nemlich sein letztes Stündlein erwarten ohne Sorge um seine Lieben mit ins Grab zu nehmen. In dieser Lage bist Du. Ich bin da bedrückend schlimmer daran, denn auch ich bin nicht mehr in den Jahren, wo der Tod lange auf sich warten läßt, und ungeachtet meiner guten Gesundheit müßten sich doch bald die Trabanten des Alters: Schmerz u. Gebrechlichkeit einstellen, und gerade dann, wenn sich die gewiße C… Periode einfinden wird, werde ich ganz allein dastehen, ohne Pflege, ohne Theilnahme, denn meine Kinder werden dann alle in ihren Instituten unterbracht sein und mir bleibt der Schmerz, sie eigentlich doch unversorgt zu wißen. Aber was ist zu thun? Leiden, dulden, hoffen.
Ich habe in meinem Leben viel gelittenu. Manches erdulden müßen, war nie stark im Hoffen und erwarte auch nichts mehr von der Zukunft, nimm aber dessen ungeachtet die Sachen wie sie sind und bin guten Muthes – so lang es geht. Das sollte auch der Fall bei Dir sein. Daß Dir gerade eine Krankheit zustößt – nun, die wird auch wieder vergehen. Daß Du auf Deine pfelgebefohlene Jungfrau Acht gibst, ist recht; daß Du Dich aber ihretwegen sacrificirst, da bist Du nicht gescheid. Du bist wegen ihr im vorigen Jahr nicht zu mir nach Wien gekommen, das war nicht schön, indeß ist es verzeihlich, denn wir hatten uns kurz vorher gesehen. Daß Du aber Deine Gesundheit opferst und wegen der Landpomeranze nicht einmahl auf ein paar Stunden aufs Land, ins Grüne gehst, das. Liebe Schwester, nimm mir nicht übel, aber das ist eine Dummheit. Lieber Himmel! Sei gescheid, pak Dich zusammen und geh auf 2 – 3 Wochen aufs Land. Du kannst die holde Maid mitnehmen. Geh wenigstens auf 8 Tage zum Johann. Diese Landparthien, wenn sie auch bei den nächsten Verwandten abgethan werden, kosten Etwas. Erlaube also, daß ich Dich zu diesem Behufe mit den beifolgenden 20 fl unterstütze. Sei aber nicht böse, denn es kommt – so wenig es ist – aus dem besten Herzen.
Ich marschiere morgen mit meinem Regiment in eine Contraction. Wenn Du mir schreibst, so addressiere den Brief nach Sarkany, das wird meine nächste Poststation sein. Mit 1. August komme ich wieder hieher zurück.
Nun lebe recht wohl u. erfreue mich bald mit einem heiteren Brief.
Dein alter Bruder Karl.