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26. 9. 1854

lf. Nr.

Aussteller

Johann A.

Empfänger

LG Praesidium

Hochlöbliches k. k. Landesgerichts Präsidium
Mit dem beiliegenden, mit einem ärztlichen Zeugniße belegten Gesuche de pr. 16. Juli 1854 Nr. 918 habe ich aus Gesundheitsrücksichten um Ertheilung eines Urlaubes in der Dauer von drei Monathen gebethen; es wurde mir laut h. Just. Min. Erl. V. 28. Juli 854 Nr. 13999 zur Herstellung der Gesundheit ein Urlaub in der Dauer von zwei Monathen, resp. bis 16. September bewilliget.
Nachdem ich in Befolgung ärztlicher Rathschläge die mir gegönnte Zeit zumeist in den Bädern von Moos bei Salzburg u. Gastein zugebracht hatte, habe ich vom 16. September an die mir zugewiesenen Berufsgeschäfte wieder besorgt.
Es zeigt sich jedoch schon jetzt, daß meine Gesundheit derart zerüttet, daß ferners mein Sehvermögen in der Art leidend ist, daß ich den Anforderungen des Dienstes nicht genügen kann, u. daß ich – gestützt auf das weiters beiliegende ärztliche Zeugniß, weches mir das Zurückziehen vom Dienste zu dringenden Pflicht macht – die Versetzung in den Ruhe- und Pensionsstand nachsuchen muß.
Ich stelle diese Bitte ehrfurchtsvoll mit dem weitern dringenden Ersuchen, daß mir bei Versetzung in den Pensionsstand die hohe Zufriedenheit mit meinen bereits geleistetes Diensten zu erkennen gegeben werde. Weiters erlaube ich mir die gehorsamste Bitte, das hohe Präsidium geruhe zu veranlassen, daß mir bei Verleihung der Pension der bisherige Gehaltsbezug gnädigst bewilliget werde.
Diese Bitten erlaube ich mir mit folgendem zu unterstützen:
In dem ich in der Beilage die mit 14 Behellfen belegte Dienstesbeschreibung ehrfurchtsvoll überreiche, erlaube ich mir mit Berufung auf dieselbe zu bemerken, daß ich nach dem in der M. theres. R. Akad. Im J. 1823 zurückgelegten philosophischen u. juridischen Studien … zum Conceptspraktikanten bei dem Kreisamt in Linz ernannt u. am 15. September 823 beeidet wurde. Seitdem diene ich ununterbrochen durch mehr als 31 Jahre.
Vorliebe zum Justizfache veranlaßte mich, Bedienstungen bei den bestandenen k.k. Pfleg- u. Kriminalgerichten des Inn- u. Salzburgerkreises nachzusuchen, u. ich erhielt schnell die Beförderungen zum Adjunkten, ferners zu Pflegersstellen III., II. u. I. Klasse.
Am 2. November 1837 wurde ich mit dem Gehalte von 1200 fl u. freier Naturalwohnung zum Pfleger bei dem bestandenen k.k.Pfleg- u. Kriminalgerichte Mauerkirchen im Innkreise ernannt u. ich versah diese Stelle von der Verleihung an fort, auch im verhängnisvollen Jahre 1848 u. bis zur Umgestaltung der Behörden, wo ich … 1850 zum Assessor bei dem k.k. Landesgerichte in Linz mit dem Gehalte von 1200 fl ernannt wurde.
Ich erlaube mir hier anzuführen, daß der Bezirk Mauerkirchen in seinem vorigen Bestande einen sehr großen Umfang hatte; in 13 Pfarreien u. 3 Märkten wohnten mehr als 20.000 Menschen, Geschäfte aller art kamen täglich vor; eine Menge sehr wichtige Prozeße, weit verzweigte Konkurse, ausgedehnte Kriminaluntersuchungen habe ich selbst geführt, indem ich mich nicht begnügte, das Amt zu leiten, sondern unmittelbar die schwürigsten Verhandlungen selbst vornahm, da es mir bei dem geringen, oft mangelhaften Personalstande nur auf diese Art möglich war, dem Gesetze u. dem Rechte unbedingte u. schnelle Geltung zu verschaffen.
Allein nicht die aufopferndste Dienstleistung, nicht der Umstand, daß ich mit reinem Herzen u. reinen Händen alle Pflichten treu besorgte, ferners nicht der Umstand, daß ich als treuer u. gewissenhafter Unterthan, Gatte u. Familienvater stille u. nüchtern in Boebachtung u. Erfüllung aller Pflichten der Ehre u. des Anstands lebte, konnten mich vor Verläumdungen u. Verunglimpfungen schützen.Selbst mein Leben war von einer aufgeregten Bevölkerung ernstlich bedroht.
Der Lohn, an Pflicht u. Ehre standhaft u. mit Treue festgehalten zu haben, wurde mir nicht zu Theil. Meine Ernennung zum Assessor war mehr eine Zurücksetzung als eine Beförderung. Zudem war selbe mit dem Verluste der Naturalwohnung verbunden. Nachdem ich vom Jahre 1850 an die mir zugewiesenen, sehr vielen Geschäfte – wie ich voraussetze, zur vollen Zufriedenheit des Herrn Vorstandes des k.k. Landesgerichtes – besorgt hatte, wäre ich wohl berechtiget gewesen, mindestens jene Beförderung zu erwarten, welche allen nach mir eingereihten Assessoren zu Theil wurde. Es ist dieses aber nicht geschehen, indem mir … 1854 lediglich eine Rathssekretärsstelle mit dem Gehalte von 900 fl CM u. einer Personalzulage von 300 fl, welche … bei der Pensionsbemessung einzurechnen kommt, verliehen worden ist.
Ich würde mich jedoch auch diesem Dienste, so sauer er mir auch fallen müßte, in Berücksichtigung des Umstandes, daß es immer eine Ehre u. eine pflicht ist, dem Staate zu dienen, unterziehen, wäre nicht meine Gesundheit in Folge der vielen, vieljährigen u. angestrengten Dienstesleistungen, ferners in Folge geistiger u. phisischer Leiden zerstört, wäre nicht meine Sehkraft überaus geschwächt, so daß mir das Zurückziehen vom Dienste zur unabweisbaren Pflicht gemacht worden ist.
Nachdem ich also dem Staate mehr als 31 Jahre gedient habe, muß ich mich von dieser mir zur Natur gewordenen Beschäftigung, welcher ich alle Vergnügungen, selbst jene des Familienlebens aufopferte, mit schmerzlichem Gefühle zurückziehen. In Berücksichtigung dieser langen und entsprechenden Dienstesleistung, ferners in Beachtung des Umstands, daß ich im Dienst u. durch die anstrengendsten Dienstesverhältniße meine Gesundheit verloren, mir insbesonders das unheilbare Augenleiden zugezogen, weiters in Betracht, daß ich während meiner Dienstesleistung auf dem Lande, dem Staate, den Kirchen u. Waisen viele Millionen getreu verrechnet, daß ich stest den ehrenvollsten Lebenswandel geführt, allen meinen Pflichten unter allen Umständen entsprochen habe, bitte ich mir bei Versetzung in den Ruhestand das Wohlgefallen mit meinen Dienstesleistungen zu bezeigen.
Aus allen diesen angeführten zahlreichen Gründen, vorzüglich aber auf Grundlage der vollem 31 jährigen Dienstleistung, ferners daß ich so viele Jahre der Leitung eines der umfangreichsten Bezirke vorstand u. im Dienste meine Gesundheit einbüßte, wage ich es auch zu bitten, daß meine Pension mit dem vollen Gehalte bemessen werde, und zwar umso mehr, da ich, in Jahren vorgerückt u. leidend, nicht im Stande bin, mir etwas zu verdienen; da ich ferners verheirathet u. Vater von 5 Kindern bin, wovon die 4 Kinder 2. Ehe alle im unmündigen Alter stehen, der elterlichen Erziehung bedürfen u. ich für keines derselben etwas beziehe; endlich bitte ich auch den enormen Preis aller Lebensbedürfniße zu berücksichtigen.
Mögen Treue u. Pflichterfüllung itzt, wo ich vom Dienste ungern, ja gezwungen scheide, Anerkennung u. Würdigung finden, welche ihnen – nach meine Gefühle – früher nicht zu Theil wurde. Zur Vermeidung möglicher Differenzen glaube ich schlüßlich erwähnen zu müssen, daß mit meiner Dienstesleistung als Pfleger auch die haftung für große Empfänge u. vielfältige, ausgedehnte verrechnungen verbunde war u. ich demgemäß eine DienstesCaution von 2000 fl zu leisten hatte, welche Caution mir übrigens … im ungeschmälerten Betrage zurückgestellt worden ist.
In dem Umstande, daß mir nach einer verhältnismäßig sehr kurzen Zeit die Kaution restituirt wurde, liegt – für den praktischen Geschäftsmann – der sprechendeste Beweis, daß die Amtirungen, denen ich vorstand, auch in dem schwürigen Punkte der zahllosen Verrechnungen mit vollster Verläßigkeit geführt worden sind.
Linz am 26. September 1854
Johann v. Anthoine, kk Landesger. Ass.

Aerztliches Zeugniß
Der Unterfertigte bezeuget, daß der k.k. Assessor des hiesigen Landgerichtes Herr Johann von Anthoine, 55 Jahre alt, von Kindheit an schwächlich, reitzbar und brustleidend, die Kennzeichen einer verfrühten Decrepidität auffallend darbiethe, in dem derselbe bereits altersgrau, kahlköpfig und zitternd geworden. Zudem ist auch dessen Sehkraft namentlich des linken Auges durch beginnende Amaurose (schwarzer Star) bedeutend geschwächt; und den Rükwirkungen der Laesion des Sehnervens jene eingewurzelte Schlaflosigkeit u. die hypochondrische Gemüthsstimmung zuzuschreiben, welche jede Anstrengung des Geistes bereits unmöglich macht.
Daß die erwähnte Verfrühung seines Alters wie die Gesichtsschwäche den unabläßigen Anstrengungen seines Berufes bei fortwährender Krankheit zuzumessen seyen, ist ebenso unzweifelhaft als die Thatsache, daß sich Patient bisher nur durch den nüchternsten lebenswandel sowie durch eine strenge Diät erhalten habe.
Bey solchem Sachverhalte ist es allerdings anzunehmen, daß dessen eifrige 31jährige Dienstleistung nebst den erwähnten Uibeln auch seine besorgnißerregende Lungenschwäche mit Heiserkeit hervorgerufen habe, derentwegen ihm von dem Unterzeichneten zur Erhaltung seiner Person für den Kreis der Familie der Austritt aus jenem der öffentlichen Geschäfte dringend ans Herz geöegt wurde.
Linz am 25. September 1854
Dr. Knörlein, kk Rath u. Professor

Gesehen.
In dem ich ämtlich bestättige, daß das vorstehende Parere des Hr. Dr. Knörlein als Ordinarius des Hr. v. Antoin volle Wahrheit besagt, erkläre ich nach persönlicher Uiberzeugung, daß die angeborene, verfrühte Körperschwäche durch einunddreißig jährige, erschöpfende, geistige Dienstanstrengung in dem Grade verursacht wurde, daß für den Leidenden keine Hoffnung auf Wiederkehr zur dauernden Gesundheit mehr tröstet. Sein erschöpftes Sehvermögen ist unheilbar!
Seine Bitte um Versetzung in den dauernden Ruhestand wohlbegründet!
Linz, 26. Sept. 854
Dr. Onderka, kk. Regierungs- und Landes Medizinal Rath

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