top of page

32

0. 0. 1850

lf. Nr.

Aussteller

-

Empfänger

-

Moos u. die Schlammische Badeanstalt

Wenn man Salzburg durch das Neuthor – ein kühnes Bauwerk aus den Zeiten, wo man von Tunnels noch nichts oder weniges wußte – verläßt, kommt man in eine überaus liebliche Gegend. Aber es ist mehr die Rund- und Fernsicht überraschend. Kaum hat man die Stadt verlaßen, so sieht man schon naße, mit Schilf bewachsene Gründe, und bald ist man in dem eigentlichen Moos. Dieses erstreckt sich von dem Stadtgebiethe bis zum Fuße des Untersberg in einer Länge von etwa 2 Stunden u. einer wohl ebenso beträchtlichen Breite. Die Kultur hat sich jedoch bereits dieser Moorgründe bemächtiget, und rundum ist ihr Umfang wohl schon bedeutend vermindert. Etwa die Mitte dieses Mooses durchschneidet eine schnurgerade, mit Marmorabfällen fein beschotterte, feste, grade(?)weiße Straße, an deren beiden Seiten Pappeln, Vogelbeerbäume – alle leider schlecht kultiviert – stehen. An beiden Seiten befinden sich auch die verschiedenen Anpflanzungen u- meist neu entstandenen dürftigen Gebäude. Unter diesen ist das sogenannte erste Badehaus das bemerkenswerteste und wegen der Nähe der Stadt das besuchteste. In geringer Entfernung davon ist das 2te Badehaus erbaut – ein sehr stattliches Etablissement, welchem jedoch das Labnis und die Erquickung des Sommers, der Schatten, völlig fehlt; es liegt in Mitten des Mooses in trostloser Sonnenhitze.
Just am Ende des erwähnten schnurgeraden Weges öiegt die Hafner’sche – nun Schlammische – Badeanstalt, von Pappeln und verschiedenem Gebüsch wiewohl spärlich umgeben. Dagegen lagern sich die Schatten des Untersberges stest bald um das Gebäude, kühle Lüfte lassen auch die Strahlen der Sonne vergeßen. Einen überaus freundlichen Anblick gewährt das rechts am Ende einer Allee von der sanften Höhe eines dicht bewaldeten Berges herabwinkende Glanegg, in dessen Majerei man ein stets willkommener Gast ist. Rechts ist die Fläche über Grädig hinaus zu überblicken, vor den Augen aber hat der Beschauer den Untersberg.
Diese Badeanstalt war das Ziel meiner Wanderung, u. aus eigener Erfahrung kann ich den Aufenthalt daselbst umso mehr empfehlen, da sich die Bäder als wirksam, der Eigenthümer – Herr Schlamm – ein sehr solider Mann ist, die Gäste sehr reinliche Lokalitäten vorfinden, die Kost gut und billig ist, die Umgebungen viele Reitze biethen, die angenehmsten Spatziergänge vorhanden sind, man oft gesuchte Gesellschaft trifft, endlich die Konkurrenz mit der Stadt Salzburg durch die sehr wohlfeilen Stellfuhren täglich zu öfterenmahlen möglich wird.
Für ein recht nettes bequemes Zimmer zahlt man für 1 Tag 18x bis 24 x R.W. Die Betten sind sehr rein, fein die Wäsche, tadellos alles. Die Kost nach der Wahl – bei der Table d‘ hôte nur 24 x RW – ist gut und billig. Man lobte auch die Getränke. Beleuchtung, Bedienung solid und gut. Der Anstalt wäre größere Frequenz u. Beachtung – deren sie würdig ist – zu wünschen.

Außer mir mit dem Führer war am 14. August niemand auf der Spitze des Untersberg, auf dem Hohen Thron. Auch auf dem Berchtesgadener Thron u. Ochsenkopf war niemand. Jede dieser 3 Höhen mag von der andern bei 3 Stunden entfernt sein, woraus auf den weitem Umfang dieses Gebirges zu schließen ist. Dennoch ist der Untersberg nur ein Zwerg gegen so viele andere Berge des Salzburgischen Hochlandes. Bei Nebeln und ohne Führer ist die Besteigung des Untersberges gefährlich, denn in seinem Plateau ist er voll unheimlichen Klüften u. Grüften, welche vielleicht der Lauf der Jahrtausende ausgehölt hat. Der Untersberg, wiewohl kein hohes Gebirge, ist das Grab von vielen geworden.

[Ende]

bottom of page