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1. 5. 1846
lf. Nr.
Aussteller
NN Strasser
Empfänger
Marie A.
Meine vielgeliebte Cousine!
Dieser Tage traf ich zufällig auf der Gasse Ihren Neven Eduard Haydn und war nicht wenig traurig überrascht, von ihm zu erfahren, daß er eben posteilig nach Hause zu reisen gesonnen ist, indem seine gute Mutter sehr schwer krank darnieder liege und die Schwester Therese bereits von Linz schon dahin abgegangen sei.
Da Sie ohne Zweifel stätts Nachrichten haben werden über den Krankheitszustand der armen Frau Schwester und Sie von meiner herzloichen Theilnahme sich gewiß überzeugt halten, so bitte ich, mich gütigst hievon zu verständigen und die Ihnen dadurch verursachte schriftliche Bemühung zu entschuldigen.
Got verleihe mir die Freude recht bald tröstende Nachricht zu erhalten und die Versicherung, daß wenigstens Sie sich, liebe gute Marie, stets wohl befinden und den, wenn auch schon nicht starken, doch ziemlich ungesunden Winter glücklich überstanden haben.
Ich meines theils sammt meinem Sohn sind dank der Vorsehung gesund und ich lebe regelmäßig still fort, um nur getreu meinen Berufsgeschäften nachkommen zu können, die sich mir beinahe täglich vermehren, was ich jedoch als Vertrauen meins Chefs ehrend anerkennen muß.
Ich küße Ihnen samt Franz vielmals ehrfurchtsvoll die Hände und verbleibe mit unwandelbarer Verehrung und Hochschätzung Ihr alter getreuer Freund et Cousin Straßer.
An alle Ihre werthen Familienglieder dort in Dorf und Mauerkirchen ersuche mich freundschäftlich bestens zu empfehlen.