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8. 12. 1845

lf. Nr.

Aussteller

Nichte Fritzi

Empfänger

Mimi A.

Theuerste Tante!
Erst heute ist es mir möglich, an Dich zu schreiben und Dir für die viele Liebe und Theilnahme zu danken. Einige Wochen verstrichen, bis ich an Ort und Stelle gelangte. Dann vergingen abermahls 3 Wochen, bis ich alle meine Sachen in Ortnung brachte und die allerwichtigsten Dinge besorgte. Uns so verflog die Zeit, ohne daß es mir gelungen wäre, eine Viertelstunde zu erübrigen, an welcher ich der lieben Tante hätte schreiben können. Nun aber soll mich nichts mehr davon abhalten.
Meine Reise wie auch die freundliche Aufnahme von meinen Schwiegerältern und sonstigen Verwandten und Bekannten wird Dir zur Genüge bekannt sein, und so habe ich Dir nicht viel mehr zu sagen als daß ich in Sárvár bin, daß aber hier sehr theuer zu leben ist. Die Wohnung, die wir haben, ist sehr nett, sie besteht in 3 Zimmern, 1 Küchzimmer, einer Speise und sehr hübscher Küche; mit allem bin ich recht zufrieden. Nur eines betrübtm ich, daß mein Mann oft Geschäfte halben nicht zu Hause ist. Gerade jetzt ist dies der Fall, er fuhr schon vor 4 Tagen nach Lak[?] und von da nach Steinamanger und Ödenburg, morgen erwarte ich ihn zurück. Er trug mir recht viele Handküße und Empfehlungen an Dich auf und auch an Onkel, Tante und an die ganze verehrte Familie Schittenhofen…
Bis jetzt konnte ich noch keine einzige Visite machen, ich bin aber auch am liebsten zu Hause, da es bei uns sehr kalt und unwirtlich ist; du wirst Dich, wie wir hoffen, selbst davon überzeugen. In einigen Tagen werde ich an Tante Theres schreiben und das Verlangte mitschicken, jetzt ist es mir noch nicht möglich, da ich die Schrift noch nicht habe…
Mit aller Hochachtung, theuerste Tante! Deine gehorsame
Nichte Fritzi

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