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11. 9. 1845
lf. Nr.
Aussteller
Nichte Fritzi
Empfänger
Mimi A.
Theuerste Tante Mimi!
Schon längst hätte ich etwas von mir hören laßen, wenn ich nicht immer so sehr beschäftigt gewesen wäre, auch waren wir in Dorff, von wo wir erst Samstag zurückgekommen sind. So manches hat sich seit Deiner Abwesenheit zugetragen, und da ich weiß, wie herzlichen Antheil Du, theure Tante, an meinem Schicksal nimmst, so beeile ich mich, Dir alles zu berichten…
Du wirst Dich erinnern, liebe Tante, daß eine Wiener[?] Reise proponirt war. Es wurde aber nichts daraus. Aber das Randevouz war gegeben und die Zeit zu kurz, um es abzuschreiben. Lajos kam verabredeter Maßen am 24. August nach Wien, ich war krank (aus Zorn). Zum Glück war Eduard in Wien und suchte ihn auf und nachdem Eduard Lajos mittheilte, daß ich nicht kommen könnte, beschloß er am andern Tag nach Linz zu gehen. Er kam also am 26. hier an und blieb bis 9. September in Linz. Während diesen 14 Tagen waren wir auch 8 Tage in Dorff, wo er der Mama seine Aufwartung machte, förmlich um mich anhielt und allen Anforderungen entsprach. Ich war ganz selig.
Wie die Sachen jetzt stehen, nach seiner Äußerung soll alles noch diesen Herbst vorbey gehe. Ich habe zwar einen kleinen Zweifel, denn die Wohnung (glaube ich) wird noch sehr feucht sein. Du kannst Dir denken, liebe Tante, wie unangenehm es mir wäre, wenn es noch mahl verschoben werden müßte. Lajos meint, wir könnten in deß eine Wohnung in Ödenburg nehmen; mit diesem Plan bin ich gar nicht einverstanden, da warte ich lieber noch…
Und bin mit aller Liebe und Hochachtung, theure Tante, Deine
dankbare Nichte Fritzi