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15

10. 9. 1845

lf. Nr.

Aussteller

Nichte Theres

Empfänger

Mimi A.

Schätzbarste Tante!
…Seit einigen Wochenn bin ich in Linz, um Bäder wegen meinen Hemeridalleiden, die schon überhand nehmen, zu gebrauchen, aber leider fand eine 2 mahlige Unterbrechung statt, indem ich 2 mahl nach Dorff mußte. Das eine Mahl verwuntete Eduard Straffirigka[?], wo er mich bath zu kommen. Und das 2. Mahl ging ich mit Braut und Bräutigam als garde Dame mit. Mir kömmt mein jetziges Leben vor wie das des ewigen Juden und ich werde sehr froh seyn, wenn ich in einige Ruhe komme.
Von meiner Reise nach Salzburg ist Dir gewiß Kunde geworden, nur vielleicht nicht, daß ich bey Onkel Ignatz war, den ich leider sehr übel aussehend fand. Auch die Wohnung, die Onkel bewohnt, ist schrecklich und jeder Bequemlichkeit beraubt. Auch mehrere Medizinflaschen fielen mir auf, aus denen ich leider Onkels Kränklichkeit ersah. Ich glaube, daß Onkel sehr übel bedient ist und diese mehr für sich als für den Onkel sorgen. Ich habe leider vergebens in Onkel gedrungen, sich von Salzburg (was, wie Onkel selbst zugibt, ihm gar nicht gut thut) wegzuziehen, aber die Berge haben einen unendlichen Reitz für ihn, daß er wie angeeint ist, wie Onkel sich selbst ausdrückte. Ein großes Vergnügen machte es mir, daß Onkel mit uns die Promenade in die Leopoldskron machte. Ich habe Dir dieses mitgetheilt, indem das Zureden des Onkel Johanns und das Deinige mehr Erfolg haben werden als das Meinige.
… bin ich mit wahrer Hochachtung Deine Dich liebende Nichte Theres.

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