top of page

11

12. 6. 1844

lf. Nr.

Aussteller

NN Strasser

Empfänger

Marie A.

Herzensgute Marie, vielgeliebte Cousine!
Seit ich das Glück hatte, sie zum letzten Male zu sehen, bin ich die meiste Zeit auf Reisen und zwar gegenwärtig in k.k. Schlesien in der Hauptstadt des Troppauer Kreises, wie Ihnen die Vignette zeiget, doch ist es kein Linz, und was mir überall zu sehen und zu sprechen mangelt, überlasse ich Ihnem gütigen Nachdenken. Wäre ich vor Kuzem nicht eben in Mähren gewesen, so hätte mich ein Brand in Ottensheim an der Donau über Linz dahin veranlaßt und wir hätten uns wieder gesehen. Indessen bei Gott ist alles auch für die Zukunft möglich.
Dass ich so lange von Ihnen gute Marie nichts höre, fällt mir zwar sehr schwer, doch will ich nach meinem innigsten Wunsche hoffen, dass Sie sich der besten Gesundheit erfreuen. Wie sehr ich täglich und fortwährend Ihrer eingedenk bin, werden sie in Überzeugung meiner Denkungsart für Sie nicht bezweifeln.
Morgen setze meine Reise wieder weiter in der Richtung nach Teschen fort und mit der Hilfe Gottes hoffe bis gegen Ende dieses Monats in der geliebten Vaterstadt Wien einzutreffen, wo ich dann, wenn nicht unvorhergesehen mich Aufträge wieder von dort abberufen, einige Monate zu verweilen gedenke.
Da ich am 15. Dieses, wo die Eszterház. Lottoziehung wieder erfolgt, nicht zuhause bin, so habe ich meinem Sohn beauftragt, Ihr Los zu revidieren und, falls es gewonnen hätte, Ihnen zugleich Nachricht zu geben.
Wie geht es allen ihren Geschwistern und deren Angehörigen? Ich will hoffen recht gut und die Entbindung in Mauerkirchen glücklich überstanden. Wahrscheinlich werden auch Sie dort wieder auf Besuch sein und Vergnügen der Ausheiterung genießen, was ich Ihnen herzlich gönne.
Ich küsse Ihnen vielmals die Hände und umarme Sie in Gedanken, als Ihr Sie mit aller Hochachtung etc Freundschaft verehrender alter Freund et Cousin Straßer.

bottom of page