IV/1
Familie von Anthoine
Die Heimat der Vorfahren meiner Mutter im Mannstamme, mit dem wir uns zunächst beschäftigen wollen, ist Lothringen. Als hauptsächliche, allerdings vielfach auf Grund mündlicher Überlieferung entstandene und daher nicht völlig zuverlässige Quelle steht mir eine alte, wohl von meinem Großvater verfertigte, wahrscheinlicher aber von dessen Vater stammende und von ihm mit Ergänzungen kopierte Ahnentafel zur Verfügung, deren Angaben auch dem im 2. Jahrgang 1905/06 des genealogischen Taschenbuchs der adeligen Häuser Österreichs erschienenen Artikel „von Anthoine“ zugrundeliegen und berichtigt und ergänzt in dem von meiner Tante Sophie von Anthoine vor ungefähr 20 Jahren handschriftlich in einigen Heften überaus fleißig zusammengestellten, aber leider unvollendet gebliebenen Entwurf einer Familiengeschichte verwertet sind. In letzterem ist insbesondere über die jüngeren Generationen soviel Wissenswertes zusammengetragen, dass es mir die Arbeit bedeutend erleichtert; ja ich werde einzelne Abschnitte wohl fast wörtlich übernehmen können. Dass ich sie nicht einfach nach dem Original hierhersetzen kann, hat seinen Grund darin, dass der Aufbau dem meiner Familiengeschichte nicht entspricht und die formelle Umredigierung sowie die Einschaltung der auf meinen seitherigen Nachforschungen beruhenden Ergänzungen soviel Änderungen des ursprünglichen Textes notwendig machen würde, dass die völlige Neuverfassung am Platze erscheint.
Zurückkommend auf die eingangs erwähnte Ahnentafel kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass sie ursprünglich anlässlich der Bestrebungen um Erwerbung des Adels entstanden und diesem Zwecke entsprechend verbessert ist. Insbesondere gilt dieses von einigen Standeserhöhungen und besseren Berufsbezeichnungen, ferner von den vielen Hinweisen auf adelige Verwandtschaft der zugeheirateten Frauen, die sich in Wirklichkeit meist als sehr weitschichtige Versippung erweist. Ebenso ist ein längerer, am Kopf der Ahnentafel in französischer Sprache angebrachter Hinweis auf ältere adelige oder geadelte Familien und Personen gleichen Namens sehr mit Vorsicht aufzunehmen. Es ist auch nicht einmal der Versuch gemacht, die Abstammung oder den verwandtschaftlichen Zusammenhang von oder mit einer derselben darzutun, obwohl nach den angeführten Jahreszahlen diese kaum 1-2 Generationen gegen die oberste Reihe der Ahnentafel zurückliegen, was mich zu der Erwägung führt, dass die Kenntnis dieser Angaben durchaus nicht bereits Jean Anthoine aus Lothringen mitgebracht haben muss; ich halte es für wahrscheinlicher, dass sie dessen Enkel, der Adelserwerber, seiner Verwendung in der niederländischen geheimen Hofkanzlei verdankt, wofür insbesondere die präzise Quellenangabe spricht. Doch will auch ich diesen Hinweis, den ein Vorfahre mit Absicht an die Spitze der Familiengeschichte gestellt hat, am Eingange derselben und zwar in deutscher Übersetzung wiedergeben. Er lautet:
„1678 erhielt Johann Bapt. Anthoine, Direktor der Post in Antwerpen, eine Krone an Stelle der Haube und zwei Greifen als Schildträger durch Briefe des Königs Karl des II. vom 9. Mai 1678 und dieser Fürst erhob ihm zum Ritter durch andere Briefe vom 9. April 1679. Das Wappen ist: silber mit blauem Sparren, versehen mit 3 sechsstrahligen goldenen Sternen und begleitet von 3 ebensolchen T oder St. Antonius-Krücken .
1679 erhielt Wilhelm Anthoine, Hauptmann h.c. und Poursuivant d'armes, den Rittertitel, 2 goldene Greifen als Schildträger und eine Krone anstelle der Haube durch Briefe des Königs Karl II vom 9. Juli 1679. Diese 2 Greifen wurden später in zwei goldene Löwen umgewandelt, von denen jeder ein Fähnlein trägt, durch Briefe desselben Fürsten gegeben zu Madrid am 2. Juni 1631. Das Wappen ist: Silber mit blauem Sparren, versehen mit 3 sechsstrahligen goldenen Sternen und begleitet von 3 ebensolchen T oder St. Antoniuskrücken. Der Schild ist überragt von einem silbernen, goldgeschmückten und geränderten und mit Haube und Decken von Gold und Blau versehenen Helm, darüber am Helmstutz ein Kopf und Hals eines Greifen in Blau zwischen einem goldenen Flügel (-paar) .
Die zur kritischen Untersuchung und allfälligen Verwertung dieser Angaben notwendigen Nachforschungen in ausländischen Archiven und in Lothringischen und allenfalls auch französischen und belgischen Matriken usw. gehen weit über den Rahmen hinaus, den die Verhältnisse der gegenwärtigen Fassung dieser Familiengeschichte ziehen. Ich muss mich also für die Darstellung der älteren Anthoineschen Geschichte mit dem begnügen, was von früher vorliegt und das ich nur zu sehr geringem Teile durch Matriken – und Archiverhebungen in Wien auf schriftlichem Wege ergänzen konnte.
Als ältester Ahnherr scheint in der alten Ahnentafel Jean Baptist Anthoine, Handelsmann in St. Nicolas in Lothringen, später Graffier (Stadtschreiber, Syndikus) beim Magistrat zu Nancy auf. Dieser sei in St. Nicolas 1686 geb., 1709 mit Anna Marie Veullmain (in der zweiten Abschrift „Villemain“), einer Hauptmannstochter aus Nancy, verheiratet gewesen. Schon dieser Jean Baptist soll nach Österreich eingewandert und 1760 in Wien gestorben sein.
Ob die zwei Namensträger Johann Anthoine, von denen einer mit dem Datum 1743 I, der andere mit 1750 IX als Schüler des Jesuitengymnasiums in Aachen aufscheinen , mit ihm verwandt sind, war aus den oben angeführten Gründen nicht feststellbar, ist aber doch als Hinweis auf eine weitere Verzweigung der Familie in Lothringen zu werten.
Als Sohn Jean Baptistes weist die Ahnentafel einen 1711 I 12 noch zu St. Nicolas geborenen Charles Anthoine aus, der später in Wien als erster Kammerdiener – in der Ahnentafel ist dies offensichtlich später (Radierung) auf „Zahlmeister“ verbessert – des Hofkanzlers Fürsten Kaunitz-Riechberg aufscheint.
Über diesen Karl und seine Familie findet sich schon manches in Wiener Quellen, welche ich allerdings noch lange nicht systematisch darauf durchforschen konnte. Karl Anthoine soll mehrere Geschwister gehabt haben, darunter einen Bruder Franz, der viermal verheiratet gewesen und dessen erste Frau beim Erdbeben in Lissabon (1755 II 1) den Tod gefunden haben soll. Von der vierten Frau ist der Name angeführt: Sophie Kammerer; sie hieß aber Juliana und ist in der Matrik der Pfarre St. Karl in Wien bei der Taufe ihres Sohnes Franz Ludwig „Caemmerer“ geschrieben. Das Paar wohnte damals Wieden, 327, Alleegasse; der Vater ist als „gewesener Negotiant“ bezeichnet.
Auch zahlreiche Kinder Franz Anthoines sind in unserer oft erwähnten Quelle genannt und zwar aus erster Ehe:
1. Sebastian, Handelsmann in St. Petersburg und dort verheiratet. Diese Ortsangabe ist wahrscheinlich richtig, da ja, wie wir bald erfahren werden, sein Vetter Karl Beamter bei der kaiserlichen Botschaft in Russland war und ihm die Möglichkeit der Niederlassung dort vermittelt haben konnte.
Aus zweiter Ehe:
2. Justine, verheiratet mit dem Handelsmann Franz Straßer; einige Briefe eines „Vetters Straßer“ an Tarnte Mimi (siehe später) sind vorhanden. Aus ihnen geht hervor, dass der Schreiber, jedenfalls ein Sohn des Kaufmanns Straßer und der Justine Anthoine, Beamter einer der damals auftauchenden großen Versicherungsunternehmungen war, der in dieser Eigenschaft ganz Österreich bereiste. Er war verheiratet, da er einen Sohn im Jünglingsalter erwähnt, aber damals (1843 – 1846) wohl schon Witwer, da er niemals von seiner Frau schreibt.
3. Anna, von der nur der Name genannt ist.
4. Franz, „Medicus“, verheiratet; vielleicht stammt von ihm die Wiener Zahnärzte-Familie ab, die sich allerdings ohne „h“ schreibt. Archivrat Dr. Trinks vom Linzer Landesarchiv hat mir erzählt, Angehörige dieser Familie gekannt zu haben, welche ihre Verwandtschaft mit meinen Tanten von Anthoine behauptet hätten. Im Hof- und Staatsschematismus erscheint bis 1816 ein Franz Antoine als Kreisphysicus in der Stadt Schwechat auf; dies dürfte wohl ''unser“ Medicus sein.
5. Elisabeth, verheiratet mit dem Bankier von Ubaldi in Mailand.
6. Nicolaus, Handelsmann in Triest. Rechnungsdirektor Lange, der nach dem Zusammenbruch Österreichs nach dem Weltkriege als Optant zur Finanzlandesdirektion Linz kam, hat mir gesagt, dass sich im küstenländischen Finanzdienste mehrere Namensträger Anthoine befanden; vielleicht stammen sie von diesem Nicolaus ab.
Aus dritter Ehe:
7. Theresia, verheiratet mit dem k.k. Raitrat Schwester in Ofen.
Aus vierter Ehe:
8. Ludwig, Kadett bei der k.k. Artillerie, getauft zu St. Karl in Wien, Franz Ludwig 1787 II 12 und
9. Sophie, verheiratet mit dem Oberleutnant von Kremel der k.k. Artillerie.
Überdies weisen tatsächlich um diese Zeit die Totenbeschauprotokolle des Wiener Magistrates verstorbene Kinder eines Franz Anthoine, Negotiant (1772), auch Modehandler (1776) auf und zwar: Franz, gest.1772 VI 10 im Bischofhaus am Heidenschuß, 13 Wochen alt; dieser stammt wohl aus der zweiten Ehe, da er vor dem oben erwähnten Franz zur Welt gekommen sein dürfte, weil dem Kinde wohl kaum der Name eines lebenden Bruders gegeben worden ist. Karoline, + 1776 7 26 beim Roten Kreb¬sen Nr. 83 auf der Laimgrube, 1 Jahr alt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch Franz, bevor er sich dem Handelsstand zuwandte, herrschaftlicher Bediensteter war; die eben zitierte Quelle weist nämlich 1764 X 2 den Tod eines bei der „Reichskrone“ in der Josefstadt 5 Monate alt verstorbenen Kindes Josef des herrschaftlichen Kammerdieners Franz Antoine aus. Auch eine – der Zeit nach die zweite oder dritte – Frau des Franz Anthoine kommt hier vor und zwar Anna Maria, gest. 1777 XI 19, 40 Jahre alt, im Bischofhaus Nr. 316 am Heidenschuß.
Schließlich ist in der Ahnentafel bei Karl Anthoine noch ein Bruder desselben, Christoph, erwähnt, der gleichfalls in St. Nicolas in Lothringen geboren sein soll und von dem es heißt, dass er 2 mal in Prag verheiratet gewesen sei; von ihm stammten „mehrere Kinder, von denen mehrere verheiratet und angestellt sind“.
Diesen Anthoineschen Nebenlinien weiter nachzugehen, fehlte dem Verfasser die Zeit und es würde dies auch über das in dieser Familiengeschichte im allgemeinen eingehaltenen Rahmen hinausgehen, obwohl es gewiss interessante Zusammenhänge aufdecken könnte.
Von Karl Anthoine selbst wissen wir etwas mehr und ich konnte auf Grund der mir von Herrn Oberbaurat Ing. Theodor Hengl vermittelten Nachforschungen in den mehrerwähnten Wiener Totenbeschauprotokollen das bisher Bekannte noch einigermaßen ergänzen.
Karl war zweimal verheiratet. Seine erste Frau Justine Reißmüller ist in der Ahnentafel als 1717 bei Zwettl OÖ. geboren ausgewiesen; als ihre Eltern sind genannt: „Laurenz Reißmüller, Forstjäger bei Zwettl in OÖ. , der durch Krieg und Prozesse um sein Vermögen gekommen“ sei, und „Maria Anna Fuchs, herrschaftliche Verwalterstochter aus Österreich“. Nachforschungen in der Pfarre Zwettl waren ergebnislos. Ich habe dann in verschiedenen in Betracht kommenden Wiener Pfarren der Eheschließung Anthoine-Reißmüller nachgefragt, aber es ist nichts gefunden worden. Auch über die Eltern Justines konnte ich wegen der vagen Angaben über sie nichts ausfindig machen. In der Ahnentafel ist bei Justine vermerkt, dass sie 2 Brüder hatte, „nämlich Laurenz und Alexander, die in Prag gestorben sind, auch zwei Schwestern Sabina und Therese sind gestorben, haben mehrere Kinder hinterlassen, die unbekannt sind“. Als Taufpate Johann Ignaz Anthoines scheint aber 1743 in Wien ein Laurenz Reißmüller, Perückenmacher, auf, der einer der oben genannten Brüder der Justine und erst später nach Prag verzogen sein könnte.
Die Nachforschung nach den Reißmüller- und Fuchsischen Vorfahren lässt übrigens die Angabe „Zwettl in OÖ. “ als sehr zweifelhaft erscheinen, vielmehr weisen verschiedene Spuren auf NÖ. hin. So fand ich im „Adler“, Monatsblatt der Vereine für Sippenforschung I. Jahrg. 1939, 2. Folge, in einem Artikel über das älteste Kaufprotokoll der Herrschaft Engelstein 1660 (richtig 1680) bis 1690 das gleichzeitige Vorkommen von Familien Reißmihlner und Fux (Fuchs) in der Ortschaft Reichenbach bei Zwettl in NÖ. Eine Anfrage an die zuständige Pfarre Rappottenstein hatte leider negativen Erfolg, da die dortigen Kirchenbücher aus der Zeit vor 1797 durch Brand zugrunde gegangen sind. Ich habe mich dann an den Verfasser des Artikels Herrn Dr. Walter Pongratz in Wien gewandt, der mir mitteilte, dass Reichenbach bis 1748 zur Pfarre Schweiggers gehörte, doch blieben auch dort Erhebungen ergebnislos. Auch das Archiv der Herrschaft Engelstein enthalte keine weiteren Hinweise; der Name Fuchs komme aber tatsächlich bei einer Familie herrschaftlicher Meiersleute vor, so dass dort immerhin der Ursprung der „Herrschaftlichen Verwalterstochter“ gesucht werden könne. Auch Hofrat Ing. Rudolf Kop¬pensteiner in Wien, an den mich Dr. Pongratz als besten Kenner der Zwettler Gegend verwiesen hatte, konnte mir keine Auskunft geben; ebenso fiel eine Anfrage wegen Vorkommens im Stifts- und Stadtpfarramte Zwettl negativ aus. So ist wohl kaum mehr Aussicht vorhanden, die Abstammung der Eltern der Justine Reißmüller zu erforschen, wenn nicht ein Zufall den toten Punkt überwinden hilft.
Ein solcher schien sich mir allerdings in letzter Zeit zu bieten, als ich wegen eines Marckhgott-Vorkommens mit dem hochw. Herrn Pfarrer von Klein-Pöchlarn Fuchs in Fühlung trat, der mir mitteilte, dass er aus einer Familie stamme, die seit mehr als 200 Jahren herrschaftliche Verwalter des Schlosses Achleithen, Pfarre Strengberg NÖ, stellte, wo bereits um 1720 ein Paul Fuchs als Hofamtmann aufscheint. Dessen Eltern und Herkunft sind aber leider auch nicht bekannt, und da unsere Maria Anna zeitlich äußerstens eine Schwester des Paul sein könnte, bleibt es auch weiterhin beim „toten Punkt“.
Hinsichtlich dieser Maria Anna Fuchs, „herrschaftliche Verwalters¬tochter aus Österreich“, fand ich übrigens auch eine andere, allerdings kaum ernst zu nehmende, aber wegen ihrer Zusammenhänge interessante Spur. Eine Justine, die später den bürgerl. Bestandwirt in Wien Johann Georg Margott heiratete (siehe II. Teil), war nämlich in erster Ehe mit einem Fuchs verheiratet! Dieser Ehe entspross ein Sohn, Andreas Stephan Fuchs, der im Testamente der Mutter von 1709 als Kammerdiener bei Marquis de Stella bezeichnet ist. Wenn man hinsichtlich des Aufstieges Kammerdiener – Verwalter ähnliches annimmt wie bei Kammerdiener – Zahlmeister, so wäre wohl möglich, dass Justine Reißmüllers Mutter eine Tochter dieses Andreas Stephan Fux gewesen wäre. Weiterverfolgen konnte ich diese wie schon gesagt sehr wage Spur leider nicht, ich erwähne sie aber doch, da sie vielleicht ein gründlicherer Ahnenforscher beachtlich finden könnte.
Justine ist 1764 II 24 in Wien „in der Hofkanzley unterm Landhaus“ gestorben und 1764 IX 28 bei St. Michael begraben worden. Die Altersangabe mit 52 Jahren weist allerdings auf das Geburtsjahr 1712 statt 1717 hin, aber solche Unstimmigkeiten sind in damaliger Zeit Gang und Gäbe.
Auch von der zweiten Ehe Carl Anthoines konnte der Ort (Pfarre) des Abschlusses nicht gefunden werden; die Frau hieß Eva Merkl von Ortheim und war als Tochter des Kabinettkuriers Alexander Merkl von Ortheim (+ Paris) um 1730 in Rastadt in Baden geboren.
Carl Anthoine ist 1790 XII 15 in Wien in der „Staatskanzley Nr. 11 in der Schauflergasse“ an Schlagfluss gestorben. Im Beschauprotokoll ist er als 1. Kammerdiener seiner Durchlaucht des Fürsten Kaunitz, gebürtig aus Nicolas in Lothringen, bezeichnet und sein Alter mit 83 Jahren angegeben, was als Geburtsjahr 1707 statt 1711 ergibt. Aus der Berufs- und Ortsangabe geht hervor, dass Carl Anthoine bis in sein hohes Alter im aktiven Dienste stand, zumindest, dass ihm mit Rücksicht auf geleistete treue Dienste die Dienstwohnung bis an sein Lebensende belassen wurde. Seine Witwe Eva überlebte ihn kaum 2 Jahre und starb 1792 XI 20 zu Wien im Bürgerspital Nr. 1126, 62 Jahre alt.
In der Ahnentafel sind bei dem den Stamm fortsetzenden Johann B. Ignaz anmerkungsweise nur die zwei Halbbrüder aus der zweiten Ehe des Vaters Karl und Cajetan erwähnt. Ich vermute aber, dass auch die nachstehend angeführten Dominik und Franz, von denen das Wiener Totenbeschauprotokoll Kenntnis gibt, als Kinder und zwar erster Ehe des Carl Anthoine anzusprechen sind. Als solche wären daher anzuführen:
1. Dominik, geb. um 1737, Sprachmeister, + 1779 I 4 in Wien im Dreifaltigkeitsspital, 42 Jahre alt.
2. Franz, geb. um 1741, k.k. Kanzlist in der Staatskanzlei – also im Amte des Fürsten Kaunitz –, gestorben 1767 IV 1 in Wien im Gerhardt’schen Hause in der Naglergasse, 26 Jahre alt.
3. Johann Bapt. Ignaz, mein Urgroßvater, geb. 1743, von dem später die Rede sein wird.
Als Kinder zweiter Ehe:
4. Josepha, geboren um 1768, gest. 1772 X 2 in Wien in der Hofkanzley „hinter Minoriten“. Da von den Brüdern Carl und Kajetan die Geburtsdaten nicht bekannt sind, ist die Reihenfolge der Kinder zweiter Ehe nicht bestimmt.
5. Carl, + 1802 IV 26, wirklicher Hofsekretär bei der geheimen Hof- und Staatskanzlei; er war laut des mir von Herrn von Frank mitgeteilten Testamentsregestes mit Josepha von Mahr kinderlos verheiratet. Carl war nach Angabe des Adelsdiplomes von 1793 VII 23 zu dieser Zeit Botschaftsoffizial am russischen Hof und früher bei der Gesandtschaft in München in Verwendung; vielleicht ist er derjenige Anthoine, von dem Sebastian Brunner in einer seiner kirchenpolitischen Schriften – ich konnte die Notiz, die sich mein Bruder darüber gemacht hat, nicht finden, und kann daher auch nicht genau zitieren – geschrieben hat, dass er sich unter den von Kaiser Josef II in die Niederlande zur Durchführung seiner Reformen entsendeten Beamten befand, die von der empörten Bevölkerung ausgejagt wurden. Tatsächlich haben damals Anthoine Freimaurerlogen angehört, da noch einige Schriften und Abzeichen vorhanden sind; im Geiste dieser Gesellschaft bewegte sich ja die Josephinische Kirchenpolitik.
6. Kajetan; von diesem sagt weder die Ahnentafel noch das oben erwählte Testamentsregest mehr als den Namen. Aus dem Umstande, dass er in letztem genannt ist, geht lediglich hervor, dass er nach 1802 gestorben ist.
Johann Bapt. Ignaz Anthoine ist 1743 I 6 zu Wien geboren und in der Schottenkirche getauft worden. Er kam jedenfalls durch den Dienstherrn seines Vaters, den Hofkanzler Fürsten Kaunitz, als Beamter in die Hof-und Staatskanzlei und war dort lange Zeit in der niederländischen Abteilung tätig, wo er 1764 X 16 als überzähliger Offizial durch den wirkl. Hofrat Official d 'Etat und Referenten des belgischen Departements Jakob Ritter von Dorn in Gegenwart des Hofsekretärs und Oberoffizials (official major) dieses Departements Jean Francois de Boullemont vereidigt wurde. In den Totenbeschauprotokollen finden wir ihn als Vater frühverstorbener Kinder 1772 bis 1778 mit diesem Titel bezeichnet, 1790 als „erster Official“ und 1794 mit dem Adelstitel und als k.k. wirkl. Hofsekretär. Es sind auch mehrere Verwendungszeugnisse vorhanden, welche wohl teils anlässlich seiner Adelsbewerbung, teils anlässlich des Jubilations-(Pensions-) Gesuches ausgefertigt worden sind. Die Dienstsprache im niederländischen Departement bzw. in der geheim. niederländischen Hofkanzlei scheint ausschließlich die französische gewesen zu sein.
1786 III 22 stellt August Gottlob Baron von Lederer, Ritter des St. Stephansordens, wirkl. Hofrat und mit der Geschäftsführung des niederländischen Departements betrauter Official d’Etat, dem Official Johann Anthoine ein Dekret aus, womit ihm über Allerhöchsten Auftrag die Königliche Zufriedenheit und Wohlgeneigtheit für seine mit ebenso großem Eifer als Verständnis („intelligence“) zur vollen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten geleisteten Dienste und sein tadelloses Verhalten und gute Sitten ausgesprochen wird.
1792 V l wurde er, wie aus einem vom Archivar der geheimen Hof-und Staatskanzlei, Franz Josef de Leenheer, 1802 I 11 ausgestellten Zeug¬nis hervorgeht, zum wirkl. Hofsekretär Seiner Majestät des Kaisers und Königs in der niederländischen Hofkanzlei mit jährlich 1500 fl Gehalt und 300 fl Quartiergeld ernannt.
Johann B. Anthoine erwarb gemeinsam mit seinem Halbbruder Carl 1793 VIII 23 den Adelsstand. Dieser wurde in der Familie häufig als „Niederländischer Adel“ bezeichnet, amtlich aber immer dem österreichisch-erbländischen Adel gleichgestellt. In meinem Besitze befindet sich eine Abschrift des Diploms, welche außer dem Texte des Kaiserl. Patentes dessen Beschreibung, dann die beigefügten Registrierungsklauseln und zwar die der Chambre heraldique a Bruxelles vom 1794 I 25, der Chambre de Comtes und des Conseil des finances zu Brüssel von 1794 III 15 enthält. Die Abschrift ist beglaubigt von Cajetan de Clady, wirkl. Hofsekretär bei der Niederländischen Hofkanzlei in Wien (1794 VI 1).
Im Texte des von Kaiser Franz gegebenen Adelspatentes wird der vorteilhaften Berichte gedacht, die über den wirklichen Hofsekretär in der Niederländischen Hofkanzlei Jean Bapt. Anthoine vorliegen, der während seiner fast 30 jährigen Dienstzeit in diesem Amte gute und treue Dienste mit ebenso großem Fleiße als Unbestechlichkeit („intregrite“) zur Allerhöchsten vollen Zufriedenheit geleistet habe, ferner, dass sein Bruder Karl Anthoine seit mehreren Jahren ebenfalls mit Fleiß und Treue als Offizial zuerst bei der kaiserlichen Gesandtschaft am Münchner Hofe und gegenwärtig bei der Botschaft am russischen Hofe diene. Johann B. Anthoine habe überdies eine adelige Ehe geschlossen, indem er Franziska von Müller, die Tochter Wenzeslaus Edlen von Müller , Oberst bei der Armee und Capitaine-Lieutenant der Trabanten-Leibgarde, und der Maria Theresia von Biber geheiratet habe, welcher Oberst seit 45 Jahren mit Auszeichnung diene und bei allen Gelegenheiten Proben seines Eifers, seines Mutes und seiner militärischen Fähigkeiten gegeben habe, besonders im 7jährigen Kriege, wo er an mehreren Belagerungen und Schlachten teilgenommen habe. Ebenso sei Anthoine durch diese Heirat auch mit einer Anzahl adeliger Familien verwandt geworden.
Als ein auf die Erben übertragbares Zeichen der königlichen Huld und Zufriedenheit verleiht der Kaiser Johann B. Anthoine den erbl. Adelsstand: „le Titre et le degré de Noblesse“ und als Merkmal besonderer Güte für Johann Bapt. Anthoine wird diese Adelsverleihung auch auf seinen Bruder Karl ausgedehnt.
Hinsichtlich des Wappens heißt es in deutscher Übersetzung: „Und damit der adelige Stand dieser Familie noch offenkundiger sei, haben Wir bewilligt und erlaubt, bewilligen und erlauben wir dem genannten Johann B. und Karl Anthoine ebenso wie ihren Kindern und Nachkommen beiderlei Geschlechtes, die aus einer rechtmäßigen Ehe geboren sind und geboren werden, als Wappen zu führen: ein gevierteilter Schild, im ersten und vierten Feld von Gold mit blauem Querbalken, der von einem schwarzen aufsteigenden Adler mit ausgebreiteten Flügeln und mit 2 Köpfen überragt wird, und das im oberen Teile ein schwarzes Tau oder St. Antonius-Krücke enthält, im zweiten und dritten silbernen, rot umzogenen Feld sind vier auch rote Rauten, die zu zwei und zwei an den Spitzen zu je einem Pfahl zusammengefügt sind. Dieser Schild wird überragt von einem silbernen mit Gold geschmückten und geränderten, rot gefütterten und gehaltenen Helm mit einer Helmzier rechts von Gold und Blau, links von Silber und Rot, auf dem Helmstutz 3 Schmuckfedern von Gold, Rot und Blau; welches Wappen wir ihnen aus besonderer Gnade mit einer goldenen Krone auf dem Helm an statt der Haube zu schmücken erlauben, und als Schildträger zwei rot konturierte, bewehrte und bezungte goldene Löwen, welche jeder ein Fähnlein mit dem Wappen des Schildes hält, ganz in derselben Art und Weise, wie es in der Mitte des gegenwärtigen gemalt und dargestellt, ist….“
In einem Verwendungszeugnis das J. M. v. Lebzeltern 1796 II 13 dem Hofsekretär Jean Baptiste d' Anthoine anlässlich seiner Enthebung von Dienste im niederländischen Departement ausstellt, ist die Diensteslaufbahn desselben näher umschrieben; hiernach hat Anthoine seit seiner oben erwähnten Beeidigung nicht nur die Dienste eines Offizials und Sekretärs versehen, sondern auch die des Expediteurs der Diplome, Patente und Octrois und des Bemessers und Einnehmers der königl. Taxen unter Genuss der damit verbundenen Bezüge. Während der ganzen Zeit zog er sich nicht den geringsten Tadel zu, weder hinsichtlich der Führung noch des Dienstes, den er mit Fleiß, Hingabe und Verständnis („assiduite“) unter dem Beifalle seiner Vorgesetzten geleistet habe, und wofür er von Sr. Majestät mit der taxfreien Adelsverleihung geehrt wurde. Er sei nur wegen der aus Staatsrücksichten erfolgten Auflassung der Niederländischen Hofkanzlei dem Abbau verfallen.
1797 XII 18 wird er durch ein vom Grafen Mailac ausgefertigtes und von Rudolf Edlen von Lyro gegengezeichnetes Dekret wieder angestellt und zwar in der vereinigten Hofkanzlei als Registratursdirektor mit einem Bezüge von 500 fl. Hiezu erhält er mit einem von Graf Ugarte ausgefertigten und von Freiherrn von Hingenau gegengezeichneten Dekret von 1808 VIII l eine Personalzulage von 300 fl jährlich.
1814 I 30 stellt ihm der erste Obersthofmeister Sr. Majestät Fürst Ferdinand von Trautmannsdorff-Weinsberg als ehemaliger Kanzler der niederländischen Hofkanzlei nochmals ein ehrendes Verwendungszeugnis aus, welches wohl zum Zwecke des Jubilationsansuchens diente, denn diese wird ihm laut eines vom Hofkanzler Grafen von Ugarte gefertigten Dekrete von 1814 IX 22 von Sr. Majestät mit dem Genusse eines ganzen Gehaltes von 1500 fl und Belassung der Personalzulage von 300 fl jährl bewilligt unter gleichzeitiger Verleihung der großen goldenen Zivil-Ehrenmedaille als Merkmal der besonderen höchsten Gnade mit Rücksicht auf seine dem Staate durch beinahe 50 Jahre ununterbrochen geleisteten Dienste und eifrige Verwendung.
Johann v. Anthoine scheint übrigens ein Freund der Geselligkeit und in seinem Kollegen- und Freundeskreise beliebt und geschätzt gewesen zu sein, wie aus zwei vorhandenen Gedichten hervorgeht. Das eine ist eine „Extrastrophe“ zum Kaiserlied „Gott erhalte Franz den Kaiser“ und lautet:
„Gott erhalte auch noch lange
Anthoine, den edlen Freund,
der im Frohseyn wie im Drange
Jedermann es redlich meint.
Er gib, dass wir im Rundgesange
durch Jahre reich uns sehn vereint;
Gott erhalte ja noch lange
Anthoine, den wahren Freund.“
das andere ist ein Geburtstagsgedicht – vielleicht zur Gratulation in der Familie bestimmt – „verfaßt bey Gelegenheit der Feyer seines acht und sechzigsten Geburtstages, und demselben aus wahrer Hochachtung gewidmet, von seinem eifrigsten Verehrer und Freunde Franz Edlen von Seyfried mp. der gesammten österreichischen Erblande Ritter“. Das Gedicht ist in einem steifen, mit karmesinroter Seide überzogenen Umschlag verwahrt.
Johann Anthoine war dreimal verheiratet, das erste Mal mit einer ihm ungefähr gleichaltrigen jüngeren Schwester seiner Stiefmutter Eva, Rosine Merkl von Ortheim; als deren Mutter ist Rosina, geb. von Vicedom genannt. Wann und wo die Ehe geschlossen wurde, konnte ich nicht ermitteln, es dürfte der Geburtszeit des ältesten Kindes entsprechend wohl 1769 gewesen sein. Rosina starb schon 1779 XII 10, 18 Tage nach der Geburt ihres achten Kindes, nur 35 Jahre alt in Wien „im Hellmayrischen Haus Nr. 507 im Fischhof“ , in dem die Familie die ganze Zeit hindurch gewohnt zu haben scheint, da es als Sterbeort der Mehrzahl der Kinder aus dieser Ehe aufscheint. Johann Anthoine heiratete bald darauf, wohl Mitte 1780, die Nichte seiner ersten Frau und seiner Stiefmutter, Theresia Rodler. Sie war die Tochter Jakob Rodlers (+ 1777) und der Theresia, geb. Merkl v. Ortheim (+1793). Jakob Rodler war „Sommelier“ bei Kaiser Josef II., also wohl einer jener Leibkammerdiener, welcher in den Kaiserlichen Privatgemächern den Nachtdienst über hatten.
Theresia Anthoine geb. Rodler starb 1783 VIII 18, nur 28 Jahre alt, als „vierwöchige Kindbetterin“ im Engelshofischen Hause Nr. 578 am Peter , dem Wohnort der Familie während dieser 2. Ehe. Sie hinterließ 2 Kinder im zartesten Alter und der Vater sah sich daher zu einer 3. Ehe veranlasst, die er 1783 X 22 zu Wien St. Peter, mit Franziska Johanna Edlen von Müllern schloss. Sie war 1764 X 4 in Wien als Tochter des damaligen Hauptmannes im Regiment Feldmarschall Graf Colloredo, Wenzel Müller, geboren und bei St. Stefan getauft worden; von ihrer Familie wird später die Rede sein. Ihr Taufeintrag gibt Nachricht von einem sonderbaren Brauch, der damals, wohl nur in beschränktem Kreise, bestanden zu haben scheint; als Taufpatin ist nämlich „Rosina Humlin, ein armes Weib“ eingetragen. Offenbar wurde dabei statt dem Kind von der Patin diese von den Kindeseltern beschenkt. Franziska vermehrte die Kinderzahl ihres Gatten noch um acht; die Familie wohnte wenigstens bis 1790 im Hause Nr. 393 auf der Hohen Brücke (heute Wipplingerstraße 7).
Durch die mehr erwähnten Nachforschungen in den Wiener Totenbeschauprotokollen ist es mir möglich geworden, die Namen und sonstigen Daten der früh verstorbenen Kinder festzustellen. Von 10 Kindern aus den ersten beiden Ehen Johann Anthoines war übrigens gelegentlich auch bei den Tanten die Rede; als Ursache des frühen Todes derselben hieß es, dass sie einem damaligen Brauche gemäß außer Haus aufgezogen worden und einer Seuche zum Opfer gefallen seien. Das letztere trifft nun, wie aus den angegebenen Todesursachen ersichtlich ist, nicht zu, ersteres war nur teilweise der Fall, denn es sind viele Kinder in der elterlichen Wohnung gestorben. Es wurden offenbar nur dann Kinder außer Haus gegeben, wenn die Mutter besonders schonungsbedürftig war oder wenn die Kinder der Wartung fachkundiger Frauen bedurften, etwa so, wie man ein Kind heute ins Kinderspital oder in eine Säuglingspflegeanstalt gibt. Bei einigen Sterbefällen in Vorstadthäusern könnte es sich auch um einen Sommeraufenthalt der Mutter handeln, da ja die jetzigen Wiener Bezirke damals noch ländlichen Charakter hatten und die dortigen Wohnhäuser mit ihren großen Gärten und oft auch hübschen Gartenhäuschen vielfach den Bewohnern der inneren Stadt als „Landaufenthalt“ dienten.
Insgesamt konnte ich 18 Kinder aus allen drei Ehen Johann Anthoines feststellen und glaube, dass ich damit ihre Zahl so ziemlich vollständig erfasst habe. Die Reihenfolge ergibt sich aus dem bei den Todesfällen angegebenen Alter. Diese Kinder sind:
Aus erster Ehe:
1. Karl, geboren c. 1770 III, + 1773 X 28 im Hellmayrischen Haus Nr. 507 im Fischhof an „auszehrendem Fieber“;
2. Anna Maria, geb. c. 1771 II, +1772 IX 28 wie vor an „Zahnfraiß“;
3. Johann B., geb. 1773 V 23, + 1773 VI 4 beim guten Hirten Nr. 231 auf der Landstraße an „Gedärmfraiß“;
4. Maria Anna, geb. 1774 IV, +1776 X 18 im Fischhof (wie oben) an „Kopffraiß“;
5. Maria Charlotte, geb u.+ 1776 III 5 ebendort am „Fraiß“;
6. Christian, geb.u.gest. 1777 III 11 ebendort an“Fraiß im Mutterleib“;
7. Amalie, geb.1778 VI 21, + 1778 VIII 18 auf der Landstraße im Baron Wegfeldhaus Nr. 207 an „Gedärmfraiß“;
8. Aloisia, geb.1779 XI 22, + 1779 XII 10, also am gleichen Tage wie die Mutter an „Fraißen vom Mutterleib“ (?aber 18 Tage alt geworden!).
Aus 2.Ehe:
9. Maria, geb. z. 1781 V, + 1784 V 8 im Engelhofischen Hause am Peter an „Brustwassersucht“.
10. Aloisia, geb. c. 1783 VI, + 1784 V 26 im Kaffeesiederhaus auf der Schottenbastei an „Stockkatarrh“. Dieses Kind hat der Mutter das Leben gekostet, wie vorher erwähnt wurde. Es sind also die beiden ersten Frauen Johann Anthoines ihrem Mutterberufe zum Opfer gefallen.
Aus 3.Ehe:
11. Maria Aloisia Theresia, geb. um die Jahreswende 1784/85, +1787 VI 26 im Baron Pauli'schen Haus Nr. 393 auf der Hohen Brücke an „Kopfwassersucht“ ;
12. Maria Theresia, geb. 1788 X 9 in Wien, getauft bei den Schotten, + 1846 II. 25 in Schloss Dorff, Pf.Schlierbach OÖ. als Gattin des Andreas Ritter von Hayden (s.unten);
13. Josef Wenzel Johann, geb. z. 1790 III, + 1790 IX 22 im Haus Nr. 393 auf der Hohen Brücke an „Abzehrung“;
14. Ignaz, geb. vor 1791 IX, weil in dem Briefe Wenzel von Müllerns an seine Töchter der Enkel „Nazerl“ erwähnt ist; die Altersangaben beim Tode schwanken zwischen 80 und 81 Jahren. Er starb 1870 IX 28 in Salzburg als k.k. Hauptmann d. R.;
15. Maria Theresia („Tante Mirai“), geb. 1792 VIII 13 in Wien (Schottenpfarre), + 1880 III 23 in Linz.
16. Eduard Philipp,.geb. 1794 I 19, + 1794 I 26 im Bürgerspital Nr. 1126 in Wien an „Innern Wasserkopf“;
17. Carl Eugen Peregrin, geb. 1798 II 21 in Wien, + 1889 IV 29 in Wien III als k.u.k. Generalmajor d.R. und
18. Johann Bapt. Koloman Leonhard, geb. 1800 VIII 31, mein Großvater.
Auf die Schicksale der zu Jahren gekommenen Kinder Johann und Franziska von Anthoines und ihrer Familien, soweit sie mir bekannt geworden sind, werde ich weiter unten zu sprechen kommen.
Im Ruhestande übersiedelte Hofsekretär von Anthoine mit seiner Frau und der unverheiratet gebliebenen Tochter Marie (Mimi) nach Linz, wo sie am Hauptplatz wohnten. Der Grund zur Übersiedlung lag wohl darin, dass ihre Tochter Theresia mit dem ob der ennsischen Ritterstandsverordneten von Hayden verheiratet war und sich häufig in Linz aufhielt.
Johann von Anthoine starb 1821 IV 28 und seine Frau Franziska 1830 XI 7, beide im Bereich der Linzer Stadtpfarre, und sind laut Abgaben einer Tante am Linzer Friedhofe im Anthoine’schen Familiengrab bestattet. Allerdings weist keine Inschrift auf sie hin. Die Aufschreibungen der Friedhofverwaltung sind erst ab 1869 erhalten.
Bevor wir uns nun dem Lebenslaufe meines Großvaters zuwenden, wollen wir noch von dessen Geschwistern hören. Wie wir oben gelesen haben, sind die Mehrzahl derselben u. zw. sämtliche aus den beiden ersten Ehen seines Vaters früh gestorben. Die Angaben bei den Todesursachen sind wohl dem damaligem Stande der Medizin entsprechend sehr oberflächlich, doch geht daraus hervor, dass die Kinder erster Ehe alle schwächlich und wenig widerstandsfähig waren, während es denen aus der zweiten Ehe an der Lunge gefehlt zu haben scheint. Jedenfalls hat es auch an der nötigen Hygiene gefehlt. Immerhin konnte sich Johann durch seine dritte Frau Franziska noch eines ganz ansehnlichen Familienstandes erfreuen. Drei Söhne und zwei Töchter überlebten die Eltern. Wir wollen uns nun mit ihnen beschäftigen.
Maria Theresia Philippine Vincentia Ferraria heiratete 1812 V 24 zu Schlierbach wie oben erwähnt Christoph Andreas Sigmund Josef Ritter Hayden von und zu Dorf, geb 1781 XI 24 in Linz Nr. 67 (Altstadt 9), + 1835 VII 5 zu Dorff, oberösterreichischer Ritterstandsverordneter und Fidelkommissbesitzer.
Die Familie von Hayden zu Dorff gehört zu den ältesten oberösterreichischen Adelsfamilien und wird schon im 14. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Das Hayden'sche Wappen ist deshalb auch im Waffensaal des Linzer Landesmuseums an der Decke an hervorragender Stelle angebracht. Das Wappen zeigt ein rotes Mandel, wohl ein Schütze oder Jäger . Mich hat dieses sowie der Umstand, dass Beziehungen der ältesten Hayden zu Steyr nachgewiesen sind, im Zusammenhang mit einem Aufsatze, den Richard von Kralik über die Entstehung von Wolfram von Eschenbachs Parzival in Österreich geschrieben hat, zu folgender phantasievollen, aber vielleicht doch nicht ganz abwegigen Erwägung verleitet: Den Dichtern schweben bei den Personen, die sie in ihren Werken schildern, häufig Zeitgenossen vor; warum sollte nicht ein Hayden das Urbild Iters, des roten Ritters gewesen sein, da sein rotes Mandel im Wappen eine solche Ideenverbindung nahelegt und Ither überdies der Gemahl Lamnieres, der Herrin von Steyr ist. Der Zeitpunkt der Dichtung, die nach Kralik zuerst bei der Schwertleite Leopold des Glorreichen 1203 in Wien vorgetragen wurde, liegt zwar vor dem des ältesten urkundlichen Vorkommen der Hayden als Schaffer zu Steyr , doch konnten sie schon damals ein altes Geschlecht gewesen sein und dieses Amt, das dem des Burggrafenamtsverwalters entsprochen haben dürfte, schon durch mehrere Generationen bekleidet haben. So würde denn Hayden zu dem Vorzug, eines der ältesten Adelsgeschlechter unserer engeren Heimat zu sein, noch dazukommen, dass einer ihrer Vorfahren als Mitglied der Gralssippe besungen worden wäre. Jedenfalls aber haben wir es mit einem ritterlichen Ministerialengeschlecht zu tun, denn schon bei ihrem ersten quellenmäßigen Auftreten empfangen sie landesfürstliche Lehen, obwohl sie damals (1327) auch neben Ratsbürgern von Steyr als Zeugen aufscheinen. 1361 ist Niclas der Haiden auch urkundlich als „Ritter“ bezeichnet.
Es wäre sehr interessant, die Geschichte der Hayden zu Dorff von ihren Anfängen an zu behandeln, doch würde dies ein vieljähriges Suchen nach Quellen und Bearbeiten derselben erfordern und fällt auch an und für sich außerhalb des Rahmens der vorliegenden Arbeit. Hier führe ich nur noch an, was ich zur Beurteilung der Familienverhältnisse zur Zeit der Verbindung mit Anthoine erforderlich halte.
Das im Traunkreise in nächster Nähe des Zisterzienserstiftes Schlierbach gelegene „Landgut Dorff“, das sich zumindest seit dem 14. Jahrhundert, also mehr als ein halbes Jahrtausend, im Besitze der Familie Hayden befindet, wurde 1711 XI 10 von Christoph Alfred Hayden von Dorff als Fideikommiss gestiftet, zu dem er in erster Linie seinen Bruder Christoph Adam und dessen männliche Nachkommenschaft berief. Substituiert scheinen dieser Linie die Nachkommenschaften der Neffen Christoph Achaz, Christoph Sigmund, Christoph Adam und Christoph Karl unter der Voraussetzung standesmäßiger Verheiratung, erst in letzter Linie Christoph Josef Mathias.
Tatsächlich ist das Fideikommiss mehrmals in Seitenlinien übergegangen, denn Andreas von Hayden ist ein Sohn des Ferdinand Alexander Christoph von Hayden, geb. 1725 in Luxemburg (?), + 1803 VIII 30 auf Schloss Dorff, früher k.k. Hauptmann im Infanterieregiment Harsch, später k.k. Kreishauptmann im Machlande, aus dessen zweiter Ehe mit Theresia Plank von Plankenfeld, einer Tochter des Johann B. von Plank, k.k. wirkl. Rat und Kameral-Tabak-Gefällen-Administrator in Linz und der Theresia, geb. von Obermayer. Ferdinand Alexander gehörte aber bereits der dritten nachberufenen Linie des Geschlechtes an, und auch Andreas war der Jüngste unter drei Brüdern. Die beiden älteren, Josef und Ferdinand, stammten aus der ersten Ehe des Vaters (1759 VI 22) mit Anna Barbara Wiedmann. Andreas' Mutter betrieb aber seine Anwartschaft, indem sie die erste Ehe ihres Gatten wegen mangelnder adeliger Abkunft der Frau als nicht standesmäßig bezeichnete, was aber der allgemeinen Rechtsanschauung nicht entsprach. Schließlich kam 1805 II 27 ein Vergleich mit Josef von Hayden zustande, in dem dieser zu Gunsten seines Halbbruders Andreas auf die Verfolgung seiner berechtigten Ansprüche verzichtete. Ferdinand war damals schwer krank und starb 1806 V 2 als Regierungskonzipist in Linz. Andreas wurde nun Besitzer des Fideikommissgutes Dorff und heiratete, wie bereits erwähnt, Theresia von Anthoine.
Andreas Schwester Theresia hatte damals (bis 1822) in Linz das zweistöckige, später im Baublock des Neuen Domes an der Ecke der Hafner- und Stifterstraße gelegene Haus (jetzt Hafnerstraße 11) inne, das zu dieser Zeit wohl noch einen schönen großen Garten hatte. Sie blieb auch nach dem Verkauf dieses Hauses in Linz und war nach Erzählungen meiner Tanten ein Original, das sie als die „Tante Theres mit der Wurst“ in Erinnerung hatte; sie pflegte nämlich in ihrem Täschchen oder „Ridicul“ stets eine solche bei sich zu tragen, um jederzeit jausnen zu können. Sie starb erst 1868 VII 15 im 89. Lebensjahre. Wie aus Briefen Johann von Anthoines an seine Schwester Maria (Tante Mimi) hervorgeht, hatte Frau Therese von Hayden geb. von Anthoine aber außer mit der vorgenannten Schwägerin Therese noch mit zwei weiblichen Wesen gleichen Taufnamens zu rechnen, nämlich mit ihrer Schwiegermutter Theresia geb. Plank von Plankenfeld (siehe oben), die erst 1831 I starb, und deren Schwägerin Theresia Plank von Plankenfeld, einer Tochter des Obristen von Müllern und daher Schwester ihrer Mutter und als Witwe nach dem Obrist-Leutnant Philipp Plank von Plankenfeld Schwägerin ihrer Schwiegermutter. Diese scheint in sehr ungünstigen Vermögensverhältnissen gewesen zu sein, aber auch schlecht gewirtschaftet zu haben. In späteren Briefen von 1841 bis 1843 ist von ihr, ihrer unvernünftigen Wirtschaft und ihrer Unverträglichkeit die Rede. Aus diesem Grunde lehnt es Johann von Anthoine auch ab, die Tante in seinen Haushalt aufzunehmen, was sie damals anstrebt ; 1841 und 1842 bezieht sie auch zunächst wegen einer Erkrankung Geldunterstützung von ihrem Neffen Anthoine. 1843 V 4 ist die Rede, dass sie nach einer Christine (schwer leserlich) 200 fl CM geerbt habe. Die Erblasserin ist augenscheinlich ihre Stiefmutter Christine von Müllern, geb. von Glanz, die zweite Frau des Obristen von Müllern (siehe dort). Theresia von Plank ist 1844 III 23 gestorben.
Theresia vom Hayden, geb. von Anthoine, starb 1846 II 25 und wurde in der alten Hayden’schen Familiengruft an der Pfarrkirche zu Kirchdorf an der Krems (OÖ) beigesetzt. Andreas und Theresia von Hayden hatten 8 Kinder:
1. Adolf, geb. 1814 VII 24, jung gestorben,
2. Eduard, geb.1815 VI 6,
3. Friderike, geb.1817, verheiratet mit Layos von Kisvaludy,
4. Maria Franziska, geb. 1818, unverheiratet gestorben 1883 X 24,
5. Christoph Helmhard, geb. 1820, jung gestorben,
6. Theodor, geb. 1821, auch jung gestorben,
7. Theresia, geb. 1822, verheiratet mit Lazi von Kisfaludi, und
8. Ferdinand, geb. 1823, der als Kind starb.
Von den beiden nach Ungarn verheirateten Schwestern ist mir nur bekannt, dass Friederike 5 Kinder hatte: Mathilde, Vilma, Maria Theresia verehelichte von Karasoni, Bela und Stephanie verehelichte Farkas. Letztere besuchte, als ich noch ein kleiner Bub war (1883), mit ihrem etwa gleichaltrigen Knaben Gyula die Tanten in Linz und ich kann mich erinnern, dass der kleine ganz im ungarisch-chauvinistischen Geiste erzogen war und mit Sprüchen wie: „Starker Ungar – schwacher Taitscher“ herumwarf. Über die weiteren Schicksale der Hayden'schen Abkömmlinge in Ungarn ist mir nichts bekannt, doch lebte nach einer Mitteilung meines Vettern Wolfram Stephanie noch 1943.
Den Stamm und die Inhaberschaft des Fideikommissgutes Dorff setzte Eduard fort. Er absolvierte ab 1826 das Benediktiner Gymnasium zu Kremsmünster und studierte anschließend Jus an der Wiener Universität, praktizierte dann in der politischen Verwaltung – unter anderem, wie die Tanten erzählten, vorübergehend auch bei einem Pfleggerichte, dem damals ihr Vater vorstand – wandte sich aber, wohl wegen des frühen Todes seines Vaters, der Bewirtschaftung des Fideikommissgutes und der politischen Vertretung seines Standes zu.
1843 IX 18 wurde er in die ständische Versammlung als Mitglied des alten Ritterstandes eingeführt. Er war dann Abgeordneter im 1848er Parlament in Frankfurt und später Abgeordneter des oberösterreichischen Grundbesitzes im österreichischen Reichsrat und im oberösterreichischen Landtag. Von letzterem wurde er auch 1889 in den Landesausschuss gewählt, in dem er bis an sein Lebensende ersprießlich tätig war. Er schloss sich der katholisch-konservativen Partei an und war mit mehreren ihrer Führer, so insbesondere dem k.k. Ackerbauminister Grafen Falkenhain eng befreundet. Eine ausführliche Würdigung seines Lebens würde dem Umfange nach den Rahmen dieser Arbeit sprengen und erscheint auch überflüssig, da sich ja über gegenwartsnahe Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens mehr minder eingehende Biographien in allgemein zugänglichen Druckwerken finden.
Onkel Eduard, den ich noch persönlich kannte, war eine hagere, aber imponierende Erscheinung, sehr lebhaft und freundlich trotz der buschigen Brauen, die fast die Größe von Schnurrbärten hatten. Er schätzte seine Cousinen, meine Tanten, sehr und lud sich öfter bei ihnen zum Abendtisch ein, wozu er Esswaren und Wein ins Haus schickte; das waren immer recht gemütliche Abende. Er sprach sehr interessant über Politik; ich erinnere mich daran, dass er die österreichische Außenpolitik der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts als schweren Fehler bezeichnete – indem damals Österreich sich Russland gegenüber, das ihm kurz vorher (1849) gegen die aufständischen Ungarn geholfen hatte, so undankbar erwies, nicht an seiner Seite gegen die Türken und ihre Freunde, die Franzosen und Engländer zu kämpfen. Über die Balkaninteressen hätte sich mit Russland schon ein Abkommen treffen lassen. Jedenfalls hätte ein Bündnis mit Russland das Jahr 1866 und in der Folge einerseits den ungarischen Ausgleich von 1867, den er damals schon als den Todeskeim der Monarchie erkannte, als der er sich auch 1918 erwies, und andererseits die Hegemonie Preußens in Deutschland verhindern können.
Eduard Hayden vermählte sich mit Caroline Redtenbacher, geb. 1822 XI 26, gest. 1896 XII 11 in Dorff, einer Kirchdorferin, die einer alten Kremstaler Sensen-Gewerken-Familie entstammte. Ich habe sie nie kennen gelernt, nach den Erzählungen der Tanten muss sie eine überaus tüchtige Frau gewesen sein, die der Wirtschaft in Dorff erfolgreich vorstand.
Die Hayden gehörten standesmäßig dem alten obderennsischen Ritterstand an, der in der alten Ordnung einen Teil des „Herrenstandes“ gebildet hatte. Aus letztem Umstande leiteten die Hayden einen Anspruch auf den Freiherrntitel ab, den einige Vorfahren tatsächlich geführt hatten und dessen Anerkennung sie seit der Neuordnung anstrebten. Dies wurde zwar in dieser Form nicht erreicht, aber Kaiser Franz Josef erhob Eduard Hayden im Jubiläumsjahre 1888 in den erblichen österreichischen Freiherrnstand. Eduard starb 1895 III 6; die Tanten Johanna und Sophie weilten damals längere Zeit in Dorff, um die greise Baronin zu unterstützen, die ihren Gemahl auch nicht mehr lange überlebte.
Nach dem Tode Eduards übernahm dessen einziger Sohn Christoph Sigmund, geb. 1853 I 12 in Dorff, das Fideikommiss. Er hatte sich nach einem sehr flotten Offiziersleben als Oberleutnant im heimatlichen k.u. k. Dragonerregiment Nr. 6, das vorwiegend in Enns garnisonierte – wo er als der schönste Leutnant noch Jahrzehnte nachher in der Erinnerung des weiblichen Geschlechtes fortlebte – 1884 X 13 in Wien mit Eugenie von Lenz, Tochter des Eisenindustriellen im Traisental in Niederösterreich Alfred von Lenz und dessen Frau Amelie geb. Komanovitsch, verheiratet. Die Ehe war aber keine glückliche, es kam in den 90er Jahren zur Scheidung.
Baron Sigmund Hayden wurde auch vom oberösterreichischen Großgrundbesitz in den Reichsrat, aber nicht in den oberösterreichischen Landtag entsendet und übte das Mandat bis zum Aufhören des Kurienwahlrechtes aus. Als 1897 anlässlich der Parlamentskämpfe um die Badeny’schen Sprachenverordnungen sich die oppositionellen (deutschnationalen) Abgeordneten durch die „lex Falkenhain“ in ihrer Bewegungsfreiheit gehindert sahen und den Antragsteller im Sitzungssäle tätlich bedrohten, kam Sigmund – eine kraftstrotzende Gestalt mit mächtigem Vollbart – über die Bänke der Abgeordneten schreitend dem greisen Freunde seines Vaters zu Hilfe.
Der Ehe Siegmunds entsprossen 3 Kinder:
1. Christoph Wolfram, geb. 1885 VII 24 in Dorff,
2. Emma Eugenia (zuhause Nizza genannt), geb. 1888 VIII 24 in Dorff, die vorwiegend bei ihrer Mutter, die sich meist in Wien und Gmunden aufhielt, erzogen wurde und sich 1914 VII 5 in Wien (F.E. Hauskapelle) mit Dr. jur. Stephan Ritter von Herber-Rohow verheiratete, welcher Ehe zwei Kinder entstammen:
a) Gabriele, geb. , verheiratet 1939 V 28 in Berlin mit Cay-Dietrich Voss, Spielleiter, Sohn des Pastors Dr. Theodor Voss und der Frau Sophie Charlotte, geb. Freiin von Brookdorff, und
b) Wolfram, geb. 1921 VI 19 zu Kirchdorf an der Krems OÖ und 1942 VII 25 als Artilleriegefreiter an der Ostfront gefallen.
3. Christoph Sigmund, geb. 1890? in Dorff, der als Forstwirt auf dem ausgedehnten Waldbesitz seines Schwagers Stephan bei Weyer an der Enns tätig ist.
Sigmund ist 1926 XII 28 in Kirchdorf, wohin er sich nach der Verehelichung seines Sohnes zurückgezogen hatte, gestorben. Die Leiche wurde nach Dorff überführt und nach feierlicher Einsegnung in der Stiftskirche in Schlierbach zur Beisetzung in die neue Familiengruft im dortigen Friedhofe gebracht.
Durch die Familienverhältnisse und dem Mangel einer persönlich in die Wirtschaft eingreifenden Frau gestaltete sich die Lage des Fideikommissgutes immer ungünstiger. Vom Allod mussten einige schöne Besitzungen – die Höfe Hierzenberg und Weickersdorf – verkauft werden. Das Real- wie das Geldfideikommiss waren innerhalb der gesetzlichen Grenzen verschuldet, und so entschloss sich denn Sigmund, als sich seinem älteren Sohn Wolfram die Aussicht auf eine günstige Heirat bot, diesem den Besitz, Fideikommiss und Allod, gegen eine jährliche Rente zu übertragen. Ich habe als Fideikommisskurator, zu welchem Amte ich über Antrag Vetter Siegmunds etwa 10 Jahre vorher berufen worden war, an dem Zustandekommen dieser Übergabe mitgearbeitet.
Wolfram heiratete 1913 V 8 in München Viktoria Lohner, die als Tochter eines in Südostafrika begüterten Münchener Edelsteinhändlers 1888 VI 9 in Pretoria (Transvaal) das Licht der Welt erblickt hatte. Nun schien ein neuer Aufschwung einzutreten, dem leider der Weltkrieg ein jähes Ende bereitete. Dem jungen Paare wurden 2 Söhne geboren, Christoph Gottfried 1914 II 28, bei dessen Taufe 1914 III 19 ich in Dorff anwesend war und der die militärische Laufbahn wählte, und Christoph Wolfram, geb. 1915 IX 17, der sich dem Forstwesen zuwandte, aber 1943 I 10 sein junges Leben auf dem Schlachtfeld vor Stalingrad lassen musste.
Ihre Mutter Viktoria war bereits 1933 XI 7 nach langjähriger, schwerer Krankheit in München gestorben.
Das Fideikommiss ist durch das Gesetz mit 1938 XII 31 erloschen; hoffentlich bleibt das Stammgut Dorff der Familie erhalten.
Von Ignaz von Anthoine, dessen genaue Geburtsdaten mir leider fehlen (siehe oben), ist mir auch sonst nur sehr wenig bekannt. Er hatte sich der militärischen Laufbahn zugewandt, tritt aber in den mir zur Verfügung stehenden Quellen erst als pensionierter Hauptmann in Salzburg in die Erscheinung. Wie aus seinen Briefen an seine Schwester Mimi hervorgeht, die teilweise erhalten geblieben sind, musste er wegen eines Gichtleidens, das er sich durch die Strapazen in den Franzosenkriegen und in elenden östlichen Garnisonen zugezogen hatte, frühzeitig den aktiven Dienst verlassen und führte mit einer höchst unzureichenden Pension ein sehr dürftiges Leben in Salzburg, wo ihn noch dazu recht ungünstige Wohnungsverhältnisse verfolgten. Ein Angebot seines Bruders Johann, zu ihm nach Lofer zu ziehen, hatte er abgelehnt; er wollte niemandem zur Last fallen.
Leider ist nicht bekannt, an welchen Kriegshandlungen er in den napoleonischen Kriegen teilnahm, doch muss er bei Leipzig 1813 dabei gewesen sein, da er Inhaber des Armeekreuzes war. In den 30er Jahren war er im Banat in Garnison; Schriftstücke tragen die Ortsbezeichnung Deva und Lugos. Auch hofft sein Bruder Karl, der damals (im Jänner 1831) in Galizien war, ihn anlässlich einer Truppenzusammenziehung, zu der auch das Infanterieregiment Vaquand, dem Ignaz angehörte, aus Ungarn erwartet wurde, wiederzusehen. Er hatte wie alle damaligen Anthoines eine dichterische Ader und verfasste zu Ehren seiner Schwester Mimi auch ganz hübsche kleine Gedichte in französischer Sprache. In seinen letzten Lebensjahren erwog er die Übersiedlung nach Linz, über deren Vorbereitung er in vielen Briefen im Detail berichtet. Aus einem derselben geht hervor, dass er sich bereits als Amateur-photograph nach dem Verfahren Daguerres versuchte. Die Übersiedlung kam indes nicht zustande. Er starb vielmehr in Salzburg 1870 IX 28 und liegt in der Sammelgruft in St. Petersfriedhof beim Aufgang zu den Katakomben bestattet. Die Grabtafeln hat sein Neffe, Hofrat Carl von Anthoine, vor einigen Jahren kurz vor seinem eigenen Tode wieder in Stand setzen lassen.
Maria Theresia von Anthoine wurde 1792 VII 13 bei St. Augustin in Wien wohl am Tage ihrer Geburt getauft. Taufpatin war Fräulein Theresia Edle von Millern, die nachmalige obenerwähnte Frau von Plank. Marie bleib bei den Eltern auch nach deren Übersiedlung nach Linz. Nach dem Tode des Vaters wurde ihr eine kaiserliche Gnadengabe von jährlich 100 fl verliehen, die nach dem Tode der Mutter mit Allerhöchster Entschließung von 1831 V 20 auf 150 fl erhöht wurde. Sie wohnte damals vorübergehend bei ihrem Bruder Johann, der zur Zeit Pfleger in Saalfelden und noch Junggeselle war und der auch später so viel wie möglich für die Ergänzung ihres Unterhaltes sorgte. Insbesondere förderte er auch ihre Bemühungen um zusätzliche kaiserliche Unterstützungen und um Erlangung einer Haller Fräuleinstifts-Präbende durch Verfassung der Gesuche und durch schriftliche und mündliche Verwendung bei Wiener Stellen, so insbesondere bei einem in seinen Briefen oft erwähnten Freude Freiherrn von Ransonnet. Zuletzt hatte ein Majestätsgesuch von 1860 II 25, das im Original vorhanden ist, den gewünschten Erfolg, den er allerdings nicht mehr erlebt hat. Nach Erzählung meiner Tanten soll denselben eine Audienz ihres Bruder Carls, des Generals, beim Kaiser herbeigeführt haben. Mit A.H. Entschließung von 1864 VIII 22 wurde ihr die nach dem verstorbenen Stiftsfräulein Emilie von Rath erledigte Haller Fräuleinstifts-Präbende allgemeiner erbländischer Abteilung – diese ist ein Zweig der Hauptstiftung, die ihren Sitz in Hall in Tirol hatte – im Betrage jährlicher 420 fl öW. Verliehen.
Tante Mimi widmete ihr Leben in größter Uneigennützigkeit dem Wohle ihrer Angehörigen. Zunächst pflegte sie ihre alten Eltern bis zu deren Tode, dann führte sie – wenigstens vorübergehend – ihrem damals noch unverheirateten Bruder Johann die Wirtschaft, half bei ihrer Schwester von Hayden in Dorff aus und besonders in der Familie Johanns in Mauerkirchen anlässlich der in rascher Folge eintretenden Familienereignisse. Später nahm sie sich der heranwachsenden Anthoineschen Töchter an, die sie auch zeitweise zu sich nahm. Sie war eine Künstlerin in feinen Handarbeiten und unterrichtete darin nicht nur die genannten Verwandten, sondern auch Töchter aus bekannten Familien. Zeitweise hatte sie zwar auch fremde „Kostfräulein“. Zu jenem Kreise gehörten auch die durch Löffler (siehe dort) mit meinem Papa verwandten Klein’schen und Rom’schen Mädchen und es dürften sich Papa und Mama auf diesem Wege kennen gelernt haben.
Tante Mimi wohnte lange Zeit in dem Hause Klosterstraße 3, in dem sich damals wie auch heute noch die Gastwirtschaft „Zur goldenen Glocke“ befand Da ihr das Stiegensteigen im Alter zu beschwerlich wurde, übersiedelte sie in eine Wohnung im Hause Herrenstraße 28, das, neben dem jetzigen Dompfarrhof gelegen, heute nicht mehr steht. Alles, was ich von Tante Mimi weiß, lässt sie als das getreue Abbild – oder besser Vorbild – unserer Tante Johanna erscheinen, mit der sie auch die kleine, zierliche Gestalt, Lebhaftigkeit, Liebenswürdigkeit und praktischen Sinn gemeinsam hatte, und die ihr auch von allen ihren Lieben in den letzten Jahren ihres Lebens am nächsten stand. Johanna pflegte sie auch in ihrer letzten Krankheit und wurde von ihr als Erbin eingesetzt; Reichtümer hatte sie allerdings keine zu vererben! In einem in Briefform abgefassten Kodizill von 1879 I 20 trägt sie ihr Legate an die Hayden'schen Verwandten auf. Aus einem diesbezüglichen Dankbrief Franziska von Haydens von 1880 IV 7 möchte ich noch folgende Charakteristik der mittlerweile 1880 III 23 nach kurzer Krankheit verstorbenen Tante Mimi hierhersetzen: „Ja das ist wahr, eine Nettigkeit hatte sie in allen Dingen und eine Sauberkeit auf sich, dass man sich konnte daran spiegeln, und es ist unbegreiflich, wie sie nur ihre Sachen so lange und gut erhalten konnte.“
Das Leichenbegängnis fand 1880 III 26 statt (St. Mathiaspfarre) und die Verstorbene wurde am Linzer Friedhof im Anthoine’schen Familiengrab bestattet. In unserem Besitze ist noch ihr Stammbuch, welches aber außer dem schon erwähnten Verslein ihres Bruders Ignaz neben den Blättern der Verwandten keine bemerkenswerten Namen aufweist.
Carl Eugen Peregrin von Anthoine war 1798 II 21 in Wien geboren; von seiner Jugend ist mir soviel wie nichts bekannt. Er trat schon frühzeitig, 1814 I 15 in die österreichische Armee ein. Über seine Diensteslaufbahn könnten wohl die im Kriegsarchiv in Wien erliegenden Standeslisten Auskunft geben, doch habe ich diese Quelle nicht herangezogen. Auch unter Tante Sophies Aufschreibungen, die ja in Sachen der Familiengeschichte mit den Wiener Anthoines in Schriftenwechsel stand, fand ich außer den allgemeinen Personaldaten im Entwurfe nur den Hinweis auf diesbezügliche briefliche Mitteilungen ihres Vetters Carl von Anthoines von; dieser Brief ist aber zur Zeit nicht auffindbar. So war ich auch hier auf die von Tante Mimi hinterlassenen Briefschaften angewiesen, die nur ein sehr lückenhaftes Bild ergeben, da ein großer Teil davon nach ihrem Tode über ihre Anordnung verbrannt worden ist.
Vor 1831 war Carl längere Zelt in Czernowitz (Bukowina) stationiert, Anfangs 1831 schreibt er aus Tarnopol, wo sein Regiment an einer Truppenzusammenziehung an der russischen Grenze anlässlich polnischer Unruhen teilnahm. Es hätte damals nach Lemberg verlegt werden sollen, wo aber die Cholera herrschte. Für die nächste Zeit konnte ich nur feststellen, dass er längere Zeit in Clausenburg (Siebenbürgen) stand und von dort im Winter 1843/44 zur Übernahme einer Grenadierkompanie im Regiment Baron Likowich, „die ihm schon lange versprochen war“, wieder nach Lemberg kam. Unterwegs erkrankte er aber schwer, doch überwand seine kräftige Konstitution die Krankheit, so dass er noch im Winter den weiten Weg von 90 Meilen im offenen Schlitten zurücklegen konnte, ohne rückfällig zu werden.
Im Herbst 1845 bezeichnet er sich als den ältesten Hauptmann des Regiments und an der Tour zum Major. Nun erst entschloss sich Carl von Anthoine zur Ehe und vermählte sich 1846 1 7 zu Klausenburg mit Karoline (Charlotte) Schmidt, die 1818 X 18 zu Hermannstadt geboren war. Diese sehr glückliche Ehe währte leider nur sehr kurz, denn schon 1851 IX 1 starb die junge Frau in Hermannstadt im Wochenbette nach ihrem dritten Kinde und hinterließ ihrem trauernden Gatten 3 Knaben im zartesten Alter, die nun ihre Kindheit im Hause der mütterlicher Großeltern in Klausenburg verlebten, wo sie liebevolle Pflege fanden.
Aber auch das kurze Eheglück, das den beiden Gatten beschieden war, war durch eine schmerzliche und aufregende Trennung unterbrochen gewesen, da Onkel Karl mit seiner Truppe 1848/49 gegen die rebellierenden Ungarn eingesetzt wurde, wobei er 1848 XII 24, also am Heiligen Abend, bei Gelegenheit eines Angriffes auf die Bogschan einen Kartätschschuss durch den linken Oberschenkel erlitt; eine dreilötige Kugel musste herausgeschnitten und Karl auf einem Leiterwagen bei 12 Grad Kälte 15 Meilen weit nach Temesvar transportiert werden. Damals war Karl noch Major, rückte aber in den nächsten Jahren zum Oberstleutnant und Oberst vor. 1857 ist er Kommandant eines Infanterieregimentes in Hermannstadt und von dort vorübergehend nach Wien ins Kriegsministerium kommandiert, wo er eine Abteilung leitet. 1858 I 29 beglückwünscht ihn der Armee-Oberkommandant Erzherzog Wilhelm telegraphisch zu seinem eben vollzogenen Avancement zum Generalmajor. Als solcher erhält er ein Brigadekommando in Debreczin. Im Sommer dieses Jahres nimmt er wegen seines rheumatischen Leidens Kuraufenthalt in Baden, wohin er auch seine beiden größeren Knaben kommen lässt, von denen der ältere in einer Militär-Erziehungsanstalt in Hainburg, der zweite in einem Privatinstitute in Wien untergebracht sind, während der Jüngste sich noch bei der Großmutter in Klausenburg befindet. 1859 finden wir den nun bereits mehr als 60 jährigen General von Anthoine an der Spitze seiner Brigade im Venezianischen , wo er die ziemlich bedeutenden Strapazen noch immer ziemlich gut aushält. Er muss bis ungefähr 1865 aktiv gedient haben, da er das Offiziers-Dienstzeichen für 50 jährige Dienste hatte. Er hatte unter 3 Kaisern gedient, Franz I., Ferdinand und Franz Josef, und sich mehrere Auszeichnungen erworben: den Orden der Eisernen Krone III. Klasse, das Militärverdienstkreuz, beide mit der Kriegsdekoration und als Anerkennung des Zusammenwirkens mit russischen Truppen bei der Niederwerfung des ungarischen Aufstandes den kaiserlich russischen Wladimir Orden IV. Klasse mit den Schwertern. Im Banat hat er sich auch bei der größtenteils aus Deutschen und Rumänen bestehenden Bevölkerung Sympathien erworben, die in dem Ehrenbürgerrecht der Stadt Temesvar zum Ausdruck kamen.
Dort hat er sich auch 1861 VI 8 zum zweiten Male vermählt und zwar mit Ludowika (Louise) Talafuß von Schatzberg, die in Temesvar 1826 II 6 geboren war. Ihre Eltern waren Hofrat Carl Talafuß von Schatzberg, + 1861 VII 6 zu Wien, und Barbara, geb. von Greth, + 1886 II 11 in Wien. An der Seite dieser edlen und gütigen Frau fand Carl endlich das lang ersehnte Familienleben. Dass die Ehe kinderlos blieb, konnte dieselbe nicht trüben, da ja die Söhne aus Carls erster Ehe zur Familie gehörten. Onkel Carl und Tante Louise konnten des Glück dieses Familienlebens noch lange genießen, da beide zu höchstem Alter gelangten. Als Ruhedomizil wählte der General Wien, wo das Ehepaar im III. Bezirk (Landstraße, Obere Weißgärberstraße) wohnte. Ich habe dort – wenn ich mich recht erinnere 1885 – einmal mit Tante Johanna, die bei uns in Wien zu Besuch weilte, Besuch gemacht und den alten Großonkel kennengelernt, der mich damals dadurch enttäuschte, dass er nicht die Uniform trug. Er starb hochbetagt 1889 IV 29 dortselbst. Tante Louise wohnte als Witwe im IV. Bezirk (Wieden) Mühlgasse und ich war öfter mit meiner Mama bei ihr, die sich mit ihr in französischer Sprache unterhielt. Ihr verdanke ich auch meinen ersten Theaterbesuch, den sie mir als Belohnung für ein gutes Zeugnis stiftete, wie sie überhaupt sehr lieb zu meiner Mama und mir war. Die Tante, die zeitlebens evang. Bekenntnisses war, starb 1898 VIII 30, tief betrauert von ihren zwei überlebenden Stiefsöhnen und deren Familien.
Von diesen sei noch kurz folgendes berichtet:
1. Julius Johann, geboren 1846 XI 15 zu Hermannstadt, kam wie oben erwähnt schon frühzeitig in die Militärschule nach Hainburg NÖ. und von dort an die Militärakademie nach Wr. Neustadt. Er war 1866 Leutnant im Infanterieregiment Nr. 41 und erlitt in einem Gefechte bei Skalitz (Böhmen) 1866 VI 27 im Zuge der Schlacht bei Koniggrätz gegen die Preußen den Heldentod durch einen Kopfschuss.
2. Gustav Adolf erblickte 1848 I 30 zu Temesvar das Licht der Welt; er kam 1858 gleichfalls nach Hainburg und später an die Neustädter Akademie, von wo er 1862 als Leutnant zum selben Regiment wie sein Bruder ausgemustert wurde, in dem er den Feldzug 1866 gegen Preußen mitmachte.
1869 bis 1871 war er Bataillonsadjutant. 1871 X l wurde er zur Kavallerie übersetzt und diente bei den Windischgretz-Dragonern (Drag-Regt. Nr. 14). Hier wurde er 1873 Oberleutnant und 1881 Rittmeister 2.Klasse. 1884 wurde er Rittmeister 1.Klasse im Dragoner Regiment Nr. 6, kam 1892 in gleicher Eigenschaft zum Ulanen-Regiment Nr. 13 und wurde 1893 V 1 Major in diesem Regimente. 1896 bis 1903 war Gustav von Anthoine denn Kommandant des Militärinvalidenhauses in Lemberg und trat dann, mit dem Titel eines Oberstleutnant ausgezeichnet, in den Ruhestand, den er mit seiner Familie zunächst in Graz und von 1907 an in Wien zubrachte, wo er 1919 III 25 starb.
1894 IV 14 hatte sich Gustav von Anthoine in der Deutsch-Ordens¬kirche in Wien mit Isabella Freiin von Schwarzhuber, Ehrenstiftsdame des adeligen Damenstiftes in Graz, vermählt. Diese war eine Tochter des k.k. Sektionsrates im Finanzministerium Anton Freiherrn von Schwarzhuber (geb. 1817, gest. 1867 IX 4 zu Wien) und der Ida, geb. Götzl (geb. 1827 zu Mailand, gest. 1890 II 2 zu Wien). Von Isabella gehen durch Verschwägerung Fäden zu den Familien von Catharin, der die zweite Frau des Obersten von Müllern durch ihre erste Ehe angehörte, u. d. Freiherrn von Kleimayrn, aus der Leopold Freiherr von Kleimayrn Isabella von Schidenhofen geheiratet hatte. Ich habe Gustav von Anthoine nur einmal gelegentlich einer Ferienreise mit Frau und Kindern in Linz kennengelernt, Isabella und die Tochter Ida auch später noch bei den Tanten getroffen und stand mit ersterer auch nach dem Tode Tante Sophies in Briefwechsel. Sie hatte sich in den letzten Jahren in ein Altersheim (Wien VIII. Blindengesse) zurückgezogen und starb dort .
Gustav und Isabella hatten 2 Kinder:
a) Maria Ida Olga Luise Edle von Anthoine, geb. 1895 V 4, die sich 1922 I 26 mit Richard Freiherrn von Chizzola vermählte. Dieser war in Brünn 1889 II 26 als Sohn Sr. Excellenz des Generals der Infanterie Karl Freiherrn von Chizzola und dessen Gemahlin Berta, geb. Sevignani geboren. Er hatte die Marine-Aka¬demie in Fiume absolviert, von wo er 1909 zur k.u.k. k. Kriegs¬marine ausgemustert wurde. Dort machte er den Weltkrieg mit und war zuletzt Linienschiffsleutnant und Kapitän weiter Fahrt. Die in der Nachkriegszeit in Wien herrschende Wohnungsnot zwang das junge Paar, zunächst in Isabellas Wohnung ihr Heim aufzuschlagen, das bald auch 2 Kinder belebten: Helga Ida Maria, geb. 1923 II 19 zu Wien, und Karl B. Richard, geboren 1924 V 26 ebendort.
b) Karl Bor. Franz Gustav, geb. zu Lemberg 1897 IV 3. Er wurde 1915, während des Weltkriegs, aus der Theresianischen Militärakademie in Wr.-Neustadt als Leutnant zum Infanterie-Regiment Nr. 11 ausgemustert und kam auf den südwestlichen Kriegsschauplatz, wo er 1916 VI 17 am Monte Semerle in den Sieben Gemeinden bei einem Sturmangriff an der Spitze seiner Kompanie den Heldentod fand. Nachträglich wurde ihm das Militärverdienstkreuz III. Klasse mit der Kriegsdekoration und den Schwertern verliehen.
3. Carl Bor. Ludwig Edler von Anthoine wurde 1850 VIII 28 zu Hermannstadt in Siebenbürgen geboren. Er wurde nicht für den Militärberuf erzogen. Seine Kindheit und erste Jugend brachte er bei seinen mütterlichen Großeltern und Verwandten in Klausenburg in Siebenbürgen zu. Nachdem er sich als Beamter der Bodenkreditanstalt in Wien eine entsprechende Praxis im Finanzwesen angeeignet hatte, trat er in Dienste der Feldmarschall Erzherzog Albrecht'schen Verwaltung und wurde dort Leiter des Kassenwesens, Hofzahlmeister, als welcher er auch unter Erzherzog Albrechts Nachfolger Erzherzog Friedrich verblieb, unter dem er zum k.u.k. Hofrat vorrückte. Vom Kaiser wurde er mit dem Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens ausgezeichnet. Der Wehrmacht gehörte er im nicht aktiven Stande der österreichischen Landwehr an und war nicht aktiver Hauptmann im Tiroler Landesschützenregiment Nr. II.
1884 IX 6 vermählte er sich zu Wien mit Angelique Eugenie Natalie (Lili) von Liebenberg de Zsittin, einer Tochter des k. u. k. Majors Emil Ritter Liebmann von Liebenberg de Zsittin (gest.1897 III 22 zu Wien) und der Maria geborene von Ziotecka (gest. 1855 XII 9 zu Pisek in Böhmen). Zur Zeit der Geburt Lilis waren Liebenbergs in Pisek in Böhmen. Während unserer Hochschulzeit in Wien waren mein Bruder Heinrich und ich öfter bei Karl und Lili geladen, die im erzherzoglichen Palais eine prächtige Dienstwohnung mit Aussicht auf den kaiserlichen Hofgarten hatten.
Vetter Carl hat immer die Familienbeziehungen zu seinen Linzer Ver¬wandten liebevoll gepflegt und nach Tante Sophiens Tode kam auch ich mit ihm in regeren Briefwechsel. Auch unternahm er, 1932 XI 2 Witwer geworden, einige Reisen nach Oberösterreich und Salzburg und hielt sich hiebei mehrmals einige Stunden in Linz auf. Er war damals für sein Alter verhältnismäßig rüstig, doch ereilte ihn bald darauf der Tod. Er starb 1937 VI 20 in Wien.
Carl und Lili hatten 2 Kinder:
a) Caroline (Carla) Pauline Maria Louise Emilie von Anthoine, geboren zu Wien 1885 VII 15, wuchs im Elternhause heran und vermählte sich 1906 V 17 mit dem Großindustriellen Eugen Michael Adolf Ernst Freiherrn von Poche-Lettmayer, geb. 1879 X 23 auf Schloss Chwalkowitz bei Kommorau (Böhm.). Leider war die sehr glückliche Ehe nur von kurzer Dauer, da Baron Poche 1919 II 3 in Wien nach einer Operation unerwartet schnell starb. Die Witwe suchte zunächst durch Wegzug von Wien mit seinen Erinnerungen an ihren lieben Verstorbenen über ihren Schmerz hinwegzukommen und ließ sich mit den Kindern in Salzburg nieder, kehrte aber der Ausbildung der Kinder wegen und um wieder nahe zu ihren Eltern zu kommen nach Wien zurück, wo sie später in ihrem Hause in der Dreihufeisengasse (Mariahilf) eine Fremdenpension betrieb.
Die 3 Kinder diese Paares sind: Elisabeth Maria Angelika Magdalena, geb. Wien 1907 VII 24, Maria Christine Angelika Magdalena, geb. Wien 1910 VII 10, und Richard Carl Paul Eugen, geb. Wien 1912 XI 3.
b) Paul Emil Karl Adolf, geb. zu Wien 1888 V 15. Nach absolviertem Gymnasium wandte er sich dem Jusstudium zu und promovierte 1912 an der Wiener Universität zum Dr. jur, 1908/09 einjährigen-Freiwilligen Jahr beim k.u.k. Dragoner-Regiment Nr. 14 („Windischgrätz-Dragoner“). 1912 bis 1914 lebte er zwecks kommerzieller Fortbildung in England. Bei Kriegsausbruch nach Österreich zurückgekehrt, rückte er zur Wehrmacht ein als Ordonnanz-Offizier und Personaladjudant beim Generalquartiermeister. Im Nov. 1914 Ordonnanzoffizier beim 11. Korpskommando, worauf er auf eigenen Wunsch zu seinem Regiment einrückte, in dem er als Leutnant bis Rittmeister den Weltkrieg auf dem russischen, rumänischen und italienischen Kriegsschauplatz mitmachte; Orden der Eisernen Krone III. Kl., das Militärverdienstkreuz, beide mit der Kriegsdekoration, silberne und bronzene Militär-Ver¬dienst¬medaille („Signum laudis“) am Bande des Militär-Ver¬dienstkreuzes, alle vier mit Schwertern, preußisches Eisernes Kreuz II. Klasse. Im Frühjahr 1916 hatte er sich aus dem Reserve-Offiziers¬verhältnis in den Berufsoffiziersstand übersetzen lassen, doch zwang ihn der unglückliche Kriegsausgang, diesen Beruf wieder aufzugeben. Paul übernahm nun das Gut Salmhof im Marchfelde und hält sich teils hier, wo er sich der Aufzucht von Rassenpferden widmet, teils in Wien auf. Mit Tante Sophie stand Paul in regem Briefwechsel und hat sie auch in ihrer durch die Inflation entstandenen Notlage generös unterstützt.
Johann und Franziskas von Anthoine jüngster Sohn Johann setzt als mein Großvater den Stamm in unserer Linie fort. Wir wollen uns mit ihm und seiner Familie in einem eigenen Abschnitte beschäftigen. Zuvor aber werden wir im nächsten Abschnitte die Abstammung seiner Mutter Franziska, geboren von Millern verfolgen, deren Erforschung interessante Umstände und Zusammenhänge zutage gefördert hat.