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II/3

Marckhgott: Namensträger in Wien und Bayern

Bald nachdem ich angefangen hatte, den Quellen unserer Familien¬geschichte nachzugehen, wandte ich mich, durch ein Sterbegedenken, das der „Seraphische Kinderfreund“ einem 1917 verstorbenen Wohltäter, dem „+ Franz de Paula Marckhgott“ widmete, angeregt, an das dabei angegebene Pfarramt Pöls am Wagram um Auskunft über denselben. Damals suchte ich ja noch nach den Vorfahren in der Kremser Gegend und meinte nun, deren Heimat aufgefunden zu haben, umso mehr, als mir mein Bruder einmal erzählt hatte, er habe bei einer Weinbauausstellung in Wien um 1900 den Namen Marckhgott unter den Ausstellern gefunden, was ja auch auf die Weingegend hinwies. Der hochw. Herr Pfarrer konnte mir aber lediglich mitteilen, dass die Familie nur vorübergehend in Pöls ansässig gewesen und wieder noch Wien übersiedelt sei und dass sich zwei Töchter als Klosterfrauen bei den Schulschwestern befänden, eine davon, Schw. Gratiana, in Langenlois-Haindorf.
Ich bin aber damals davon abgekommen, diese Spur weiter zu vorfolgen, da ich mittlerweile die Ahnenfolge über Kirchberg am Wagram und Hadersdorf a. Kamp nach Oberneukirchen in Oberösterreich gefunden hatte, und kam erst wieder darauf zurück, als mir vor einigen Jahren meine Schwägerin M. Aloisia Jax von den Ursulinen in Linz mitteilte, dass sie auf dem Zeugnis eines aus dem Institute der Schulschwestern in Am¬stetten in das der Ursulinen in Linz übergetretenen Zöglinge die Unterschrift „M. Kostka Markhgott“ als Klassenlehrerin gefunden habe.
Mit dieser entspann sich nun ein reger Briefwechsel, der zunächst ergab, dass es sich um die andere Schwester der M. Gratiana, die nun in Judenau stationiert war, handelte. Ihr Vater war der 1746 in Lundenburg in Mähren als Sohn eines Nordbahnbediensteten geborene und 1917 zu Wien verstorbene Franz de Paula Marckhgott, der als pensionierter Lokomotivführer in Pöls am Wagram einen kleinen Besitz innegehabt hatte. Eine Abstammung aus dieser Gegend komme jedoch, schrieb mir M. Kostka, nicht in Betracht, da es sich, soviel sie wisse, um eine Urwiener Familie handle. Trotzdem nahm ich weiter an, dass es sich um einen Nachkommen Franz M.s in Krems oder eines Bruders des Jakob M., also jedenfalls um einen Nachkommen Leopold M.s handeln müsse; von den aus den Totenbeschauprotokollen des Wiener Stadtarchivs sich ergebenden öfteren Vorkommen des Namens in Wien war mir damals noch nichts bekannt.
Die Verfolgung der Abstammung dieses Franz de Paula gestaltete sich ungemein schwierig und blieb schließlich bei dem Urgroßvater der beiden Klosterfrauen stecken, ohne irgend einen Zusammenhang mit unserer Familie aufzuzeigen, ja sie förderte vielmehr – allerdings nicht unmittelbar – Hinweise auf einen ganz anderen Marckhgott (bzw. Morgott -) Stamm in Bayern zu Tage. Da es sich aber immerhin um Namensträger handelt und die eben erwähnten Hinweise vielleicht späteren Forschern Anhaltspunkte zur Auffindung des eigentlichen Ursprungs der Familie bieten könnten, habe ich mich entschlossen, das Ergebnis meiner Erhebungen über diese Marckhgott-Familie in diese Familiengeschichte aufzunehmen.
Josef Marckhgott, auch Marckhott, Marckgott, Margott geschrieben, Maurer, später magistratischer Bauübergeher, Unter-Kammeramts-Nachsteher, Hausmeister, Hausinspektor, wurde ca. 1769 – 1772 geboren ; wo, konnte nicht entdeckt werden. Er war zweimal verheiratet und zwar in l. Ehe 1794 VII 28 zu Wien-Altlerchenfeld mit Theresia Hödl, Mehlmesserin, und in 2. Ehe 1810 I 14 zu Wien-Weinhaus mit Theresia Räperger (auch Rärperger, Rathberger, Rapfberger geschrieben) verwitwete Schimpel.
Kinder aus l. Ehe:
1. Maria Anna, geb. 1794 X 13, + 1736 XII 26 „beim schön Brun Nr. 71 in Altlerchenfeld“,
2. Josef, geb. 1796 III 23, + 1796 X 5, auch Altlerchenfeld,
3. wieder Josef, geb. 1797 VIII 17, Altlerchenfeld,
4. Katharina, geb. 1799 III 31, Neulerchenfeld,
5. Franz de Paula, geb. 1804 III 21, Neulerchenfeld,
6. Paul Peter, geb. 1809 VI 29, auch Neulerchenfeld
Franz de Paula und Katharina sind offenbar früh gestorben, weil Kinder aus zweiter Ehe auch wieder auf diese Namen getauft wurden. Paul Peter ist wohl das letzte Kind der ersten Frau, hingegen gehört
7. Martin jedenfalls auch zu den Kindern 1. Ehe und wäre den Intervallen entsprechend wahrscheinlich zwischen 4 und 5 einzureihen. Die Taufeintragung konnte ich nicht finden, jedoch erinnerten sich die Schwestern, dass eine Cousine Anna M. von einem Bruder ihres Großvaters abstamme. Ich habe mich mit dieser Cousine in Verbindung gesetzt und bin hiebei eben auf diesen Martin gekommen: geb. um 1800, + zu Wien-Döbling als magistratischer Kassadiener und Hausbesitzer, Döbling, Neugasse 22, verheiratet mit Theresia Wymlatyl. Kinder
a) Anton Johann, geb. 1838 V 8, + 1917 III 2 in Wien-Döbling; Baupolier; seine Frau, die er 1863 XI 23 erheiratet hatte, betrieb ein kleines Gasthaus in der Währingerstraße. Die erwähnte Anna, die sich eher Margott schreibt und 1934 Wien XVIII, Kreuzgasse 17 wohnte, ist die Tochter dieses Paares. Sie hat mir auch ihre Verwandtschaft mit den beiden ehrw. Schulschwestern in übereinstimmender Weise bestätigt.
b) Therese, verehelichte Pawlik.

Aus der zweiten Ehe Josef Marckhgotts stammten
8. Franz de Paula, geb. 1813 III 22 zu Wien (St. Augustin), der Großvater der beiden Schwestern,
9. Anna Eleonora, geb. 1816 VII 5,
10. Katharina, geb. 1818 VI 30 und
11. Georg Josef, geb. 1821 XI 26, alle vier zu Wien St. Augustin.
Über die drei letzteren ist mir nichts bekannt geworden.
Franz de Paula war 1839 Viktualienhändler in Wien Wieden, Kettenbrückengasse 139, wurde aber dann Eisenbahner und war 1846 Oberpackmeister der Nordbahn in Lundenburg; er heiratete 1839 X 3 in Atzgersdorf Marie Anna Hartl, geb. ca. 1809, + 1896 87 jährig in Pöls am Wagram. Franz de Paula fiel einem Betriebsunfall zum Opfer; er geriet zwischen die Puffer eines verschiebenden Zuges u. zw. am Bahnhof der Großmarkthalle (Hauptzollamt) und liegt am Marxerfriedhof begraben; seine Witwe lebte dann bei ihrem ältesten Sohne.
Das Paar hatte 5 Kinder:
a) Franz de Paula, geb. 1846 II 1 zu Lundenburg, + 1917 IX 18 zu Wien, Maschinführer der Kaiser Ferdinands Nordbahn, derselbe, dessen Sterbegedenken mich auf diese namensgleiche Familie aufmerksam gemacht hatte. Er heiratete 1872 I 28 zu Wien II. (St. Leopold) Hermine Rauchbauer, geb. 1853 IV 6 zu Wien, + 1920 X 8 zu Pöls a. Wagram,
b) Josef, Nordbahnbediensteter; dieser war mit einer Frau Julie verheiratet, die als Witwe Inhaberin eines Milchgeschäftes im 3. Bezirk (Landstraße) in Wien war. Mein Vater wusste um die Existenz dieser Namensträgerin und vermutete in ihrem verstorbenen Mann einen Nachkommen seines Kremser Großonkels Franz M., von dem er vielleicht unbestimmt wusste, dass er nach dem Zusammenbruch der Kremser Handlung nach Wien verzogen war. Josef und Julie hatten nach Mitteilung M. Koskas eine Tochter, die auch schon lange gestorben ist.
c), d) und e) 3 Töchter, von denen aber nichts näheres bekannt ist.
Franz de Paula hatte 4 Kinder:
1. Hermine, geb. 1874 VII 22, verwitwet nach Theodor Pospischill, Zolldirektor in Pens. beim Hauptzollamt in Wien, der 1935 XI 20 starb,
2. Karoline, geb. ca. 1878, die als M. Gratiana und
3. Maria, geb. ca. 1882, die als M. Koska in der Kongregation der armen Schulschwestern vom hl. Franziskus leben und zw. (1937) M. Gratiana im Institut zu Judenau NÖ und M. Koska als Hauptschullehrerin im Mädchenpensionat in Amstetten NÖ,
4. Franz, gestorben als 2-jähriges Kind durch Unfall.
Wie wir sehen, erlischt dieser Stamm an Namensträgern in dieser Generation.
Bei den Nachforschungen nach der Herkunft des Stammvaters Josef Marckhgott bin ich zu einem sonderbaren Ergebnis gekommen. Die Herkunft dieses Josef M. konnte ich, wie schon oben gesagt, überhaupt nicht finden. Hingegen konnten in Neulerchenfeld zu gleicher Zeit mit Josef M., Maurer, und Theresia, geb. Hödl, auch Josef M., Kleidermacher, und Anna geb. Schmidlin als Eltern von Täuflingen vor. Dieser zweite Josef Marckhgott nun wird in seiner Traueintragung von 1793 IV 23 als „Schneidergeselle, geb. zu Stopfenheim im Reich“ bezeichnet.
Ich habe mich nun dorthin gewendet und vom hochw. Herrn Pfarrer eine sehr ausführliche Mitteilung über die dortigen einschlägigen Matrikenfälle erhalten. Die Taufe des Josef M. wurde hiebei allerdings nicht gefunden. Sonderbarerweise heißt die dortige Familie nicht Markgott oder ähnlich, sondern Morgott oder Morgutt. In der Eheeintragung in Neulerchenfeld v. 1793 IV 20 ist der Name des Schneidergesellen aus Stopfenheim aber Margoth, in der Taufeintragung eines Kindes 1801 III 23 Margott geschrieben.
In Stopfenheim scheint 1813 IX 29 die Ehe eines Josef Morgoth, Sohn des Leopold Morgutt, Schullehrers in Hörnsheim auf. Dieser Leonhard ist wohl der ebendort 1756 VII 14 getaufte Johannes Leonhardus Morgott, Sohn des Handelsmannes Florian Morgutt und seiner Frau Maria Barbara. Aus der Taufeintragung dieses Elternpaares von 1755 X 14 geht hervor, dass Johann Florian der Sohn des Bürgers und Handelsmannes Johann Morgott in Spalt und seiner Ehefrau Christine war.
Stopfenheim ist ein Dorf im Bezirksamt Weißenburg in Bayern in der Gegend von Eichstätt und Donauwörth.
Ich habe nun meine Nachforschungen auch auf Spalt ausgedehnt; auch dort wird der Name Morgott geschrieben. 1728 V 2 ist der in Stopfenheim erwähnte Johann Florian Morgott hier als Sohn der oben genannten Eltern geboren. Auf diese bezieht sich wohl die Eheeintragung von 1727 V 12, die ich in dem mir vom Stadtpfarramt Spalt mitgeteilten lateinischen Wortlaut hierher setze:
Sponsus honestus Juvenis Johannes Kolus, filius legitimus viri Dominici Morgott et Joanna Conjugum p.m. civis in Luschul venet. Jurisdictionis.- Sponsa pudica virgo Anna Christiana filia legitima consulti viri Jean. Georgii Ehard, exterioris consilii civis, et civis et Serenarii (vielleicht von sera – Torbalken, Siegel, also Schließer des Stadttores, Torwart) et Walburgae Conjugum.”

Wo dieser Ort „Luschul, venet. Jurisdictionis“ zu suchen wäre, ist eine bisher ungelöste Frage, doch scheint dies auf Venetien hinzudeuten oder auf einen unter Venetianischer Jurisdiction stehenden Ort in der Levante.
Ferner scheint in Spalt 1745 III 30 die Trauung eines Josef Sebastian Margott mit Othilia Werner auf; ich glaube, dass diese Eintragung „Josef, Sohn des Sebastian M.“ zu lesen wäre und dieser Josef mit dem 1717 VIII 25 getauften Bartholomäus Josef M., Sohn des Sebastian M. civis et .... und der Barbara identisch ist. 1715 XI 19 ist die Eheschließung dieses Paares eingetragen: Sebastian Morgott, Sohn des Petrus Morgott, „civis in Liberskul“ heiratet Anna Barbara, filia legitima honesti et artificiosi viri Joan. Seppen, civis et tibicinis (Flötenspieler, also wohl Stadtpfeifer) in Heideck (Stadt in Mittelfranken, Bez.Amt Hipoltstein); bei seiner 2. Ehe 1721 II 4 mit Anna Martha, filia leg. Georgii Castner, civis et lanionis (Fleischhauer) ist Sebastian als vivis et mercator (Kaufmann) bezeichnet. Hier scheint also auch wieder ein fremd klingender Ortsname, „Liberskul“ auf. Sollte „Luschul“ eine Verballhornung dieses Namens sein? Der hochw. Herr Kaplan von Spalt schrieb mir auf eine diesbezügliche Anfrage: „Im Trauungsbuch ist bereits von späterer Hand ein Fragezeichen mit Bleistift darübergeschrieben, bei diesem bleibt es auch für mich!“
Ich weiß nicht, ob und in wieweit sich damals die Jurisdiction der Venetianianischen Kirchenprovinz auch auf das östliche Mittelmeer bzw. die dortigen Handelsplätze der Republik Venedig erstreckte; wenn dies der Fall war, und Luschul und Liberscul identisch sind, könnte es etwa die Stadt Limassol auf Cypern sein.

Ob alle diese Feststellungen und darauf fußenden Vermutungen und Hypothesen irgend eine Bedeutung für unsere Familiengeschichte haben, ist sehr zweifelhaft, denn es ist weder ein Zusammenhang zwischen den beiden in Neulerchenfeld gleichzeitig auftauchenden Josef Margotts noch ein solcher zwischen einem der Margotts und unserer Familie feststellbar. Dass der Maurer Josef Margott zu der Schreibart Marckhgott kam, die sich auch auf seine Nachkommen übertrug, ist ohne einen solchen allerdings sehr auffallend.
Übrigens sind die Stopfenheimer und Spalter Einträge viel jüngeren Datums, als bis wohin wir unseren Stamm in Österreich zurückverfolgen können. Es könnte sich also äußerstenfalls um eine noch weiter zurückliegende Abzweigung von einem gemeinsamen Stamm handeln, dessen Heimat dann wohl in Oberitalien zu suchen wäre.
Diesbezüglich möchte ich darauf hinweisen, dass es am Luganersee im Schweizer Kanton Tessin einen Landstrich gibt, der „Morcote“ heißt und dessen Bewohner seit Jahrhunderten ihre Eigenart besonders treu bewahren. Auch von dort, wie aus den meisten oberitalienischen Gebirgsorten, zieht der Bevölkerungsüberschuss in die Fremde, meist über die Alpen, und es wäre daher nicht unmöglich, dass die verschiedenen Morgott – Margott – Stämme in Österreich und Baiern auf zu verschiedenen Zeiten erfolgte Einwanderungen aus jener Gegend zurückzuführen wären.

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